Patric Lauser
"Größe ist nicht alles"

Wie widerstandsfähiger Mittelstand aussieht, kann man sich im Enzkreis ansehen. Ursprünglich in Pforzheim angesiedelt, verlagerte Patric Lauser den Unternehmenssitz in das benachbarte Mühlacker. Seit 2007 betreibt er dort in einem Mode-Kaufhaus-Komplex sein EP:Center Mühlacker – und zwar auch in Corona-Zeiten mit Erfolg. Die hitec-Redaktion hat den Unternehmer nach seinen Erfahrungen gefragt.
hitec: Herr Lauser, wie meistert man im Enzkreis einen monatelangen Lockdown?

Patric Lauser: Letztlich sind wir sehr gut durchgekommen. Wenn Sie mich vor zweieinhalb Jahren gefragt hätten, was passiert, wenn ich fünf Monate die Tür zu sperren muss, hätte ich geantwortet: Ich bin pleite. Ich hätte nie gedacht, dass ich es tatsächlich schaffen werde, mein Unternehmen in so kurzer Zeit so umzubauen, dass ich auf diese veränderte Situation reagieren kann und trotzdem meine Umsätze steigern kann. Die Zeit hat mich so viele graue Haare gekostet, aber ich habe auch sehr viel gelernt. Man war gezwungen viele Dinge zu tun, die man jahrelang vor sich hergeschoben hat: Digitalisierung. Ich verkaufe seit Jahren jeden Tag Produkte für die Digitalisierung. Allen B2B-Kunden habe ich gezeigt, wie sie dadurch noch besser und effektiver werden können. Aber uns selbst habe ich vergessen.

Wie haben Ihre Kunden reagiert?

Wir sind seit 13 Jahren vor Ort, lokal verzahnt, wir wohnen hier, unsere Mitarbeiter wohnen hier. Man kennt uns und man kennt mich. Deshalb haben die Kunden über sämtliche Kanäle den Kontakt mit uns gesucht. Die Nähe zum Kunden hat sich ausgezahlt.

Wie hat sich die Frequenz in Ihrem Laden entwickelt?

Als Mieter in einem Mode-Kaufhaus-Komplex merken wir natürlich schon, dass dort die Frequenz nachgelassen hat. Aber die Kunden, die da sind, sind wesentlich zielorientierter. Viel wichtiger als die Frequenz ist für uns, es zu verstehen, warum der Kunde zu uns in den Laden kommt und über welchen Weg. Wir merken, dass der Kunde sich sehr stark auch über unsere Homepage vorinformiert und dann gezielt in das Geschäft kommt. Nicht nur das Online-Kontaktformular und E-Mail-Anfragen werden viel mehr genutzt, auch die Frequenz über das Telefon hat sich verdreifacht. Die Kunden wollen den Weg ins Geschäft nicht umsonst machen und fragen vorher nach. Unterm Strich haben wir dadurch mehr Kundenkontakte als früher.


„Uns selbst haben wir bei der Digitalisierung vergessen."

Findet die Generation Smartphone noch in Ihr Geschäft? Wenn ja, warum?

Wir führen die Produkte, die für diese Generation relevant sind wie Smartphones, Tablets, dazugehörige Verträge und auch Wearables. Mit der Ausbildung und dem Berufsstart verändert sich der Bedarf und gerade wenn es um die erste Wohnungseinrichtung geht, kommen auch wieder die Eltern ins Spiel. Viele der jüngeren Kunden sind zudem bei der Informationsbeschaffung hochintelligent, benötigen beim Praktischen aber Hilfe. Die Generation Smartphone ist einerseits komfortbewusst und will nicht alles selber machen, andererseits wissen sie aber auch gar nicht, wie es geht. Damit sind auch wir als serviceorientierter Fachhandel wieder im Spiel. Die Zielgruppe ist für uns nicht verloren, sondern sozusagen geparkt bis zu dem Zeitpunkt, wenn es in die eigene häusliche Selbständigkeit geht.

Haben Sie durch die aktuellen Lieferengpässe eher Umsatz verloren oder eher Marge gewonnen?

Die Warenknappheit wirkt in der Tat stabilisierend. Wir haben sowohl bei Umsatz als auch Ertrag Zuwächse – und das bei einem schon hervorragenden letzten Jahr. Natürlich gibt es Warengruppen, wo es knapp ist, aber wir können das kompensieren und alternative Lösungen anbieten. Natürlich haben wir auch unser Lager erhöht, um etwa 20 Prozent. Außerdem können wir auf das EP-Lager zugreifen, das in dieser Zeit einen besonderen Stellenwert erhält – als unser verlängerter Arm. Nur über die Strecke sähe unsere Situation anders aus.

Wie erklärt man das den Kunden, wenn bestimmte Produkte bis Weihnachten nicht erhältlich sind?

Verständnis von Kundenseite ist da, jeder hat bei Handwerkern oder im Baubereich bereits Erfahrungen gemacht. Wichtig ist, dass man bei den lebenswichtigen Produkten Lösungen findet. Wenn ein Einbaukühlgerät nicht lieferbar ist, kann man auch mal ein Standkühlschrank als Leihgerät hinstellen. Lösungsorientiertes Verkaufen ist gefragt – und das kommt beim Kunden gut an.

Die Branche lebt seit eineinhalb Jahren mit virtuellen Messen und Veranstaltungen. Brauchen wir die klassischen Treffen überhaupt noch?

Absolut. Wir hatten gerade zwei Tage Erfa-Sitzung. Diese Zeit war für mich so wertvoll, auch für mein Wohlbefinden. Man merkt, wie sehr einem der persönliche Kontakt gefehlt hat und wie sehr man ihn wertschätzt, wenn er wieder da ist. Geschäfte werden immer noch zwischen Menschen gemacht, das gilt auch für den Kontakt zur Kooperation und zur Industrie. Präsenzmessen sind nach wie vor äußerst wichtig. Online-Meetings können das nur ergänzen. Ich habe die IFA vermisst. Das ist für mich auch eine Trendmesse, wo ich mir Anregungen hole und meine Strategie für die nächsten Jahre festlege.


„Ich möchte die Kombination aus Ware und Dienstleistung forcieren."

Einige der Marken, die Sie im Sortiment führen, verkaufen sehr aktiv auch direkt an den Endkunden. Was läuft da falsch?

Das Thema beschäftigt uns sehr. Es ist nicht schön, wenn man abends Werbung sieht und der Kunde suggeriert bekommt, er soll direkt beim Hersteller kaufen. Ob das langfristig die richtige Entscheidung für einen Hersteller ist, bezweifle ich. Letztendlich distanziert sich der Händler von diesen Produkten und diese Marken sind dann nicht mehr so sichtbar für den Kunden. Vielleicht verliert ein Hersteller auf diesem Weg sogar Kundennähe. Den Kunden online abzuholen ist ja okay, aber es sollte das Ziel sein, seinen Partner vor Ort einzubeziehen. Der gemeinsame Kundenangang ist der richtige Weg.

Muss man die Lieferanten als Fachhändler künftig sorgfältiger auswählen?

Für Produkte, die für uns als Händler nicht mehr im Fokus stehen, liefern wir auch keine kompetente Fachberatung. Oder wir zeigen sie gar nicht mehr und suchen Alternativen. Die Hersteller stellen Qualitätskriterien für ihre Händler auf, die wir erfüllen müssen. Genauso stellen wir Kriterien auf für unsere Lieferanten. Loyalität ist hier ein wichtiger Faktor.

Ihre Verbundgruppe hat die Kriterien für den Markenauftritt von EP: in den letzten Jahren deutlich verschärft. Fluch oder Segen?

Die Kriterien wurden ja mit uns gemeinsam verabschiedet, hier ist nichts von oben vorgegeben worden. Für uns ist das der Schlüssel zum Erfolg und der Erfolg gibt uns recht. Die Arbeit der letzten Jahre an unserer Qualitätsoffensive hat sich in der Corona-Phase voll ausgezahlt. Mich als EP-Markenhändler zu profilieren hat mich in der Krise hervorgehoben. Gerade die EP-Markenhomepage war meine Kommunikationsschnittstelle nach draußen und Steuerungs-Tool für die gesamte Firma. Alleine hätten wir das nicht leisten können.

Sie werben intensiv für Ihren Reparaturservice. Ist das für Sie ein reines Kundenbindungsinstrument oder verdienen Sie damit Geld?

Service und Reparatur ist immer abhängig vom verfügbaren Personal. Für uns ist Service im Großgerätebereich profitabel, in der braunen Ware eher ein Kundenbindungsinstrument. Wir werden uns auf das Thema weiße Ware und vor allem Einbaugeräte konzentrieren, weil wir hier ein größeres Potenzial sehen. Generell möchte ich die Kombination aus Ware und Dienstleistung forcieren. Immer dann, wenn ich etwas nicht nur verkaufen, sondern mit Service kombinieren kann, ist die Wertschöpfungskette für uns am größten.

Wo hakt es?

Eine der größten Herausforderungen für die Zukunft wird das Recruiting neuer, qualifizierter Mitarbeiter sein und die Bindung der vorhandenen Fachkräfte. Denn wir sind an den Kapazitätsgrenzen angelangt. Damit wir uns für die Zukunft weiter entwickeln können müssen wir uns personell weiterentwickeln, im Verkauf, im Service und im Dienstleistungsbereich. Hier setzen wir vor allem auf die Unterstützung durch unsere Verbundgruppe.

Wieso hat Ihr Geschäftsmodell definitiv eine Zukunft?

Es hat sich in der Krise gezeigt, dass allein die Größe des Ladengeschäftes nicht ausschlaggebend ist für den wirtschaftlichen Erfolg. Letztendlich ist das vor Ort gelebte Unternehmertum entscheidend. Ich habe als Unternehmer mein Geschäft selbst in der Hand und kann flexibel reagieren. Und immer, wenn ich Ware und handwerkliche Dienstleistung kombinieren kann, bin ich gefragt. Handwerk hat goldenen Boden – heute und auch die nächsten Jahre. Ich möchte nicht tauschen und fühle mich wohl, wo ich bin.

Herr Lauser, vielen Dank für das Gespräch!

FOTOS: EP:CENTER MÜHLACKER

Autor: Joachim Dünkelmann

 Dieser Artikel ist am 2. November 2021 erstmals erschienen in der Printausgabe von hitec Magazin, Ausgabe 11/2021.

 

Schlagwörter

Patric Lauser, EP:Center Mühlacker, ElectronicPartner

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