Niklas Geuer
"Bessere Leistung"

In der Frechener Fußgängerzone liegt das Stammgeschäft von EP:Geuer mit 400 Quadratmetern Verkaufsfläche. Der 35-jährige Familienvater Niklas Geuer ist gelernter Betriebswirt und führt das Unternehmen in fünfter Generation. Direkt nebenan betreibt er gemeinsam mit einem Partner das Café „esperto", die Keimzelle des späteren gleichnamigen Kaffeevollautomaten-Fachhandelskonzeptes. Vor 2 Jahren hat Geuer zusätzlich den 140 Quadratmeter großen Standort von Euronics Hellenthal im 10 Kilometer entfernten Kerpen übernommen. Mit der hitec-Redaktion sprach Niklas Geuer über Fachkräftemangel, Fachhandelsstärken und das Recht auf Reparatur.
hitec: Herr Geuer, warum gehen Kunden lieber zu Ihnen als zu MediaMarkt um die Ecke?

Niklas Geuer: Weil wir das bieten, was MediaMarkt nicht kann. Das ist zum einen eine andere Sortimentsstruktur, zum anderen die Beratung und vor allem der Service. Am Beispiel Einbaugeräte heißt das, dass wir wissen wo die Fallstricke sind und worauf es ankommt. Beim Sortiment hat MediaMarkt zwar 20 Spülmaschinen im Preisbereich zwischen 400 und 600 Euro stehen. Können die gerne machen – wir nehmen die anderen Kunden.

Ist ein mittelständischer Händler morgen noch wettbewerbsfähig?

Ich persönlich rege mich immer auf, wenn ich an einem Fachgeschäft vorbei gehe an dem steht‚ 'fahr nicht fort, kauf vor Ort' – weil dahinter noch das flehentliche ‚bitte-bitte-bitte' fehlt. Man muss die Kunden mit anderen Argumenten überzeugen, als nur der örtlichen Nähe. Natürlich freuen wir uns, wenn unsere Nachbarn bei uns kaufen. Aber nicht, weil wir nebenan sind, sondern weil unsere Leistung besser ist. Es gibt Kunden mit unterschiedlichen Bedürfnissen. Die einen wollen nur ein Gerät aussuchen und abholen. Die anderen suchen eine gute Beratung, eine ordentliche Lieferung und den fachmännischen Einbau inklusive Nachbehandlung. Wir profitieren immer mehr auch vom Nachhaltigkeitsdenken der Menschen, das spielt uns in die Karten.


Unternehmer in fünfter Generation: Niklas Geuer, EP:Geuer in Frechen

Aber Leistung bieten andere doch auch, oder?

Wir haben ja ein Beispiel in Deutschland gehabt, wo zwei Dinge nicht zusammenpassten: AO hatte einen Spitzenservice. Das musste man neidlos anerkennen. Aber es ging von der Kostenstruktur nicht auf. Warum? Auf der einen Seite hatte AO die Kosten, die wir auch haben. Auf der anderen Seite mussten sie aber die Preise mitgehen, die die großen Onliner vorgegeben haben. Ohne Corona wäre das Ende von AO in Deutschland wahrscheinlich sogar noch früher gekommen. Worauf ich gespannt bin, ist die Entwicklung von Coolblue, weil die im Prinzip ja einen ähnlichen Weg gehen, sich aber zusätzlich teure Flagshipläden leisten.

Gibt Ihnen das EP: Markenkonzept genug Spielraum?

Es gibt Leitplanken, die meines Erachtens nach relativ weit gefasst sind. Und wir haben mit ElectronicPartner ein fachhandelsspezifisches Gebilde, das unser Geschäft auch versteht. Wir als Unternehmer haben unter der Marke EP: immer noch viele Freiheiten, beispielsweise bei den Sortimenten. Bei der Umsetzung werden wir dann unterstützt. Wenn man sich die Entwicklung der letzten Jahre so anschaut, bin ich sehr froh, ein EP'ler zu sein.

Wie haben Sie die Übernahme eines Euronics-Kollegen vor zwei Jahren – mitten in der Corona-Zeit – verkraftet?

Ich sage es mal so: Der Umsatz pro Quadratmeter ist zufriedenstellend. Es war von Anfang an ein profitables Unternehmen, sehr hochwertig im Verkauf und von der ganzen Struktur her gesund. Es hat eben alles zu uns gepasst. Umso unverständlicher eigentlich, dass hier fünf Jahre erfolglos nach einem Nachfolger gesucht wurde. Es wird wohl in Zukunft mehr Filialstrukturen geben müssen, weil viele Standorte keine Nachfolger finden. Nach der Übernahme sind übrigens viele andere Kollegen auf mich zugekommen.

Was können Sie uns über esperto und das Thema Kaffee erzählen?

Ich war 2016 mit Wolfgang Caspari Mitgründer von esperto. Wir wollten gemeinsam eine Kaffeebude aufmachen und Kaffeevollautomaten mit vollem Service verkaufen. Bei der Standortsuche wurde zufällig direkt neben unserem Geschäft das Ladenlokal frei. Wir haben dann die Vollautomaten bei uns aus dem Sortiment genommen und das neue Geschäft esperto eröffnet. Es hat sich etwas anders entwickelt, als wir gedacht haben. Die Idee war, Vollautomaten zu verkaufen, zu reparieren und nebenbei auch coffee-to-go anzubieten. Daraus wurde ein Tisch und dann noch ein Tisch und jetzt ist es ein profitables Café, in dem wir nebenbei Vollautomaten verkaufen und reparieren. Wir haben daraus übrigens 2018 gemeinsam mit Robert Drosdek ein Fachhandelskonzept für Brömmelhaupt entwickelt, das auch unter der Marke esperto lief.

Wer kümmert sich bei Ihnen um Online-Shop und Social Media?

Den Onlineshop betreiben wir über EP:, das läuft weitgehend automatisch. Dort gibt es Einstellungsmöglichkeiten für uns, die recht schnell zu machen sind. Die Abwicklung läuft über unser Vertriebsteam mit. Hier bin ich eigentlich nur gefragt, wenn es Probleme gibt. Trotz einer gewissen Größe meines Unternehmens nehme ich mir die Zeit, in den Verkauf zu gehen, um den Kontakt zum Kunden zu halten. Ein großer Fehler vieler Filialsysteme ist, die Nähe zum Operativen zu verlieren. Im Bereich Social Media haben wir einige Sachen ausprobiert, die nicht ganz so gut geklappt haben. Was gut funktioniert, ist unsere Servicewerbung. Wir haben hier im kommenden Jahr noch einiges vor – das will ich aber noch nicht verraten.


„Es wird wohl in Zukunft mehr Filialstrukturen geben müssen, weil viele Standorte keine Nachfolger finden."

Was halten Sie von dem Recht auf Reparatur?

Die Grundidee ist schön und gut, aber es hakt an vielen Stellen. Es wird zu einem deutlichen Preisanstieg führen, nicht nur bei Ersatzteilen, sondern auch bei Neugeräten. Das kann nicht im Interesse der Kunden sein. Viele Hersteller werden es gar nicht umsetzen können und Ersatzteile irgendwo zukaufen.
Die Logik vom Recht auf Reparatur erschließt sich mir auch sonst nicht ganz. Bei Autos haben wir wenigstens den TÜV, der alle zwei Jahre nochmal draufschaut. Aber bei den Hausgeräten haben wir niemanden – und die soll künftig jeder Kunde selber reparieren und damit seine Hütte abfackeln? Das habe ich auch an der Energiewende noch nicht verstanden: Die Heizung wird regelmäßig überprüft, aber die Elektroinstallation interessiert niemanden. Dabei wäre das enorm wichtig, denn die Leitungen sind vielfach für Photovoltaik, Wärmepumpen oder Wallboxen überhaupt nicht ausgelegt.

Wie finden und binden Sie Mitarbeiter?

Wir haben eine gut gemischte Altersstruktur im Unternehmen, aber wir sind auf der Suche nach Personal. Bei vielen Bewerbern stelle ich mir allerdings die Frage, ob man wirklich in Jogginghose nach einem Praktikumsplatz fragen sollte. Ich bin ja noch nicht so alt, aber da fehlt mir das Verständnis. Wir haben in Kürze eine Ausbildungsmesse hier in Frechen und wir werden dort ausstellen. Ich bin gespannt, wie die jungen Menschen dort so drauf sind. Wir bieten den Mitarbeitern eine gewisse Flexibilität. Mit der technischen Komponente in unserer Branche können wir mit einer relativen Krisensicherheit trumpfen. Das schätzen junge Menschen wieder.

Ihr Hauptgeschäft liegt in der Frechener Fußgängerzone – ein idealer Standort?

Hätten Sie mich vor Corona gefragt, hätte ich uns ganz klar als Nahversorger definiert. Aber es hat sich verändert. Was deutlich zurückgegangen ist, sind beispielsweise Kleingeräte, Leuchtmittel und Zubehör. Und viele unserer Kunden sehen wir gar nicht mehr im Laden, weil sich der Verkauf beim Service vor Ort ergibt oder sie telefonisch oder online von uns beraten werden. Es gibt in der Innenstadt Leerstände und es drohen auch weitere, vor allem im Textilbereich. Problematisch sind auch viele internationale Immobilienbesitzer, denen Leerstand lieber ist als Mietsenkungen. Ein Standortwechsel macht für uns aber keinen Sinn, weil wir hier in der Fußgängerzone eine klare und gelernte Anlaufstation sind – seit Ende der 40er Jahre hier im Haus.

Was bereitet Ihnen im Moment die größten Probleme?

Eindeutig der Fachkräftemangel. Wir bräuchten am liebsten fertige Leute. Das Feld der Energie- und Mobilitätswende wird immer größer, aber es gibt zu wenige Elektroinstallateure. Daneben würde uns ein Ausbildungsberuf ‚Weißware-Techniker' sehr helfen. Die klassischen Radio-Fernseh-Techniker werden immer weniger, aber der Bedarf ist nach wie vor da. Selbst 20-jährige kommen mit dem Fernseher unter dem Arm in den Laden und wollen ihn überprüfen lassen – weil das Thema Nachhaltigkeit immer wichtiger wird. Das Recht auf Reparatur wird die Lage auch nicht verbessern, im Gegenteil.


„Wir profitieren immer mehr auch vom Nachhaltigkeitsdenken der Menschen, das spielt uns in die Karten."

Welche Bedeutung haben Messen wie die IFA für Sie?

Ich halte die IFA als Netzwerk für sehr wichtig, in der Außenkommunikation zum Konsumenten aber in den letzten Jahren für nicht mehr gut aufgestellt. Es gibt keine direkten Kaufimpulse mehr, was früher ja mal so war. Die Leute kamen rein und sagten: ‚Ich will das Ding, das Miele da in Berlin vorgestellt hat'. Wenn man heute am Eröffnungsfreitag die Tagesschau guckt, sieht man allenfalls eine kurze Meldung. Es ist unglaublich wichtig, dass die nächste IFA stark ist und die Industrie Flagge zeigt. Dann kann man die Medien vielleicht zurückgewinnen. Und vielleicht ist auch eine starke Messe im Zwei-Jahres-Turnus besser, als eine schwache jährliche IFA. Sonst verlieren wir irgendwann die Messe aus Deutschland und fliegen alle zwei Jahre nach Dubai oder sonstwohin.

Sie führen das Unternehmen in fünfter Generation. Sind Sie nie auf die Idee gekommen, etwas anderes zu machen?

Eigentlich war klar, dass ich etwas anderes mache. Ich war im Ausland und habe auch International Business studiert. Anders, als meine beiden älteren Schwestern hat mich mein Vater nie direkt gefragt, ob ich das Geschäft übernehmen will. Aber relativ früh im Studium war mir klar, dass ich das will. Als ich das meiner Mutter erzählt habe, war ihre erste Reaktion „Niklas, willst Du Dir das wirklich antun?". Ich habe es mir angetan und bin bis heute sehr glücklich über diese Wahl. Als Unternehmer trifft man eigenständig Entscheidungen und darf seine eigenen Fehler machen, ohne höhere Instanz. Das schätze und genieße ich.

Herr Geuer, vielen Dank für das Gespräch.

FOTOS: HITEC

Autor: Joachim Dünkelmann

Dieser Artikel ist am 5. Dezember 2023 erstmals erschienen in der Printausgabe von hitec Magazin, Ausgabe 12 / 2023.

 

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Niklas Geuer im Interview des Monats, EP:Geuer, ElectronicPartner

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