Leif Lindner: Auf diese Frage gibt es aus meiner Sicht mehrere Gesichtspunkte: Die CES hat sich zur wichtigsten Auto-Messe in den USA entwickelt. AI, Artificial Intelligence/Künstliche Intelligenz ist allgegenwärtig und überall zu finden. Alle Unternehmen beschäftigen sich damit und nutzen AI, um die eigenen Produkte zu verbessern und den Nutzen für die Kunden zu erhöhen. In diesem Zusammenhang muss aber auch klar sein, dass die Kunden dabei unterstützt werden müssen. Sie müssen die Risiken erkennen, sollten aber keine Angst vor der Nutzung von AI entwickeln. Ebenfalls überall ist die Robotertechnik zu finden, egal, ob als Helfer in der Küche, als Unterstützung beim Training oder als vielfältige Unterstützung im täglichen Leben. Die TV-Geräte der neuesten Generation sind anpassbarer und dynamischer. Sie bieten damit neue Möglichkeiten für Interaktion und Entertainment. Und last, but not least, sind foldable Mobiltelefone keine Ausnahme mehr.
Kann man die US-Messe mit der IFA vergleichen?
Aus meiner Sicht kann man die CES und die IFA wenn überhaupt nur teilweise vergleichen. Warum? Die CES richtet sich ausschließlich an B2B-Publikum. Sie hat mit dem Thema Auto und Mobilität in den letzten Jahren auch einen anderen Fokus entwickelt. Der Bereich Home Appliances findet mehr oder weniger gar nicht statt auf der CES. Zudem spielt der Handel dort keine große Rolle, während er bei der IFA ganz klar im Mittelpunkt steht.
100 Jahre IFA – heißt das, die Messe wird eine einzige Party?
Nein, das natürlich nicht, allerdings ist es heute einmal mehr wichtig, dass eine Messe keine klassische Ausstellung, sondern viel mehr ein kulturelles Event ist. Das Endkonsumenten, Handel, Aussteller und Medien gleichermaßen begeistert und zudem Key Opinion Leader außerhalb der Branche anzieht. 2023 konnte das Thema Entertainment nicht im gewohnten Maß umgesetzt werden. Das werden wir 2024 ändern und den Unterhaltungsfaktor der IFA verstärkt betonen. Dazu gehört an erster Stelle der Sommergarten, aber auch verschiedene Events innerhalb der Stadt, die immer wieder auf die IFA führen.
Sind Sie für die IFA 2024 im Zeitplan?
Bei solch großen Events wie der IFA fühlt es sich irgendwie immer so an, als ob man nicht vollständig im Zeitplan ist. Dennoch bin ich der Meinung, dass unser Team bereits alle Herausforderungen sehr gut angenommen hat. Wir haben ein neues Büro am Checkpoint Charly im Herzen von Berlin übernommen, haben unser Team in Berlin komplett neu aufgestellt, bzw. sind in den letzten Zügen dies zu tun. Darüber hinaus sind wir in den letzten Planungen zum Sommergarten und haben bereits sehr viele Gespräche in Asien und Europa zur kommenden IFA geführt. Zusammengefasst: Ich denke wir sind auf einem sehr guten Weg.
Welche drei Optimierungen liegen Ihnen bei der IFA besonders am Herzen?
Ganz klar erstens eine bessere, offenere und schnelle Kommunikation mit allen für uns maßgeblichen Zielgruppen, also Industrie, Medien und Handel. Zweitens die Optimierung der Infrastruktur: Das bedeutet, das Erlebnis IFA muss vom ersten Kontaktpunkt, ob bei der Einladung und Standbestätigung, über die Webseite und das Erleben vor Ort einmalig, professionell und innovativ sein. Drittens ein Rebranding für die IFA: Sie wird sich mit neuer Bildsprache, einem aktuellen Look and Feel und deutlich innovativer zeigen, ohne dabei ihre Wurzeln zu vernachlässigen.
Mit welcher Story gewinnt man neue Aussteller (wieder) für die IFA?
Indem man konzentriert zuhört, sich der Themen annimmt und diese dann gezielt umsetzt. Wir werden klar aufzeigen, dass wir zugehört haben, wir passen Dinge schnell an und wir werden schnell Resultate zeigen. Das Vertrauen, das hier und da verloren gegangen ist, gewinnt man natürlich nicht sofort zurück, aber wir sind nah an unseren Kunden dran und zeigen unsere neuen Strategien auf. Außerdem geht es darum, den unterschiedlichen Ansprüchen gerechter zu werden und maßgeschneiderte Lösungen anzubieten. Genau an diesen individuellen Angängen hat es in der Vergangenheit gefehlt.
Warum muss ein kooperierter Fachhändler zur Messe nach Berlin fahren?
Ganz einfach, weil er nur dort einen Einblick bekommt, was in der Zukunft für seinen Job wichtig sein wird. Die IFA gibt Antworten auf die Fragen was muss er verändern, worauf muss er größeren Wert legen, was sind die Trendthemen, an denen er nicht vorbei kann, wie muss er seine Mitarbeiter zukünftig besser einstellen und motivieren und welche Hersteller sollte man besser im Auge haben und welche verlieren an Bedeutung. Mit Peter Zyprian konnten wir ja einen kompetenten Top-Botschafter für die IFA eben genau für den Fachhandel gewinnen. Er hat die Kommunikation zum Handel ab sofort übernommen und wird sie konsequent aufrechterhalten.
Die lasche Medienwirkung der letzten IFA wurde mancherorts kritisiert – geht da mehr?
Auf jeden Fall geht da mehr und muss mehr gehen! Deshalb kommunizieren wir – wie bereits erwähnt – in alle Richtungen klar und deutlich und vor allem regelmäßig. Zudem suchen wir gezielt nach weiteren Medienpartnerschaften auch in anderen Bereichen, wie Wirtschaft und Lifestyle. International richten wir uns mit einer neuen Agentur komplett neu aus und kommunizieren auch hier deutlich nahbarer und konsistenter. Davon konnte ich mich gerade selbst am Beispiel Korea überzeugen.
Hält der Regierende Bürgermeister sein Versprechen, die Jubiläums-IFA zu unterstützen?
Der Regierende Bürgermeister unterstützt uns wo er kann. Er hat sehr glaubhaft immer wieder seine Hilfe angeboten und im ersten Quartal wird es auch zu einigen notwendigen Entscheidungen kommen, wobei er seine Unterstützung ganz sicher unter Beweis stellen wird. Wir fühlen uns bisher wirklich sehr gut unterstützt.
Was werden die wichtigsten Themen auf den Aussteller- Ständen?
Ich sehe aktuell diese sechs Themen: A.I., Augmented & Virtual Reality, Sustainability, Home Entertainment, Digital Health und Gaming. Sofern sich weitere Themen im Vorfeld der IFA ergeben, werden wir diese natürlich adaptieren.
Wagen Sie den Blick in die Glaskugel: Wie anders könnte die IFA in 10 Jahren sein?
Eine schwierige Frage, aber ich bin sicher, dass die IFA in zehn Jahren eine faszinierende Transformation durchlaufen haben wird, die sich vor allem durch die nahtlose Integration und Vernetzung von Menschen mit diversen Künstlichen Intelligenzen auszeichnet. Jeder Mensch wird in diesem futuristischen Szenario ein „Super-Mensch" und „Smarter Consumer" sein, vollständig eingebunden in ein Ökosystem aus Technik, Business Intelligence, Online-Wissen und -Interaktionen. Die Interaktion zwischen Mensch und Technik wird sich grundlegend von dem unterscheiden, was wir heute kennen. Die Hauptfrage, die die Innovationen auf der IFA antreiben wird, lautet: „Wie kann ich als Verbraucher meine Effizienz in verschiedenen Lebensbereichen wie Haushalt, Sport, Entertainment, Verkehr und Arbeit steigern?" Diese Fragestellung reflektiert eine tiefgreifende Verschmelzung von Technologie und Alltagsleben, wobei der Fokus auf der Steigerung der persönlichen und beruflichen Produktivität liegt.
Wie verändern sich Messen generell, insbesondere Technologiemessen wie die IFA?
Ein weiteres Schlüsselelement der IFA in einem Jahrzehnt wird die Erweiterung über die physische Messe hinaus sein. Sie wird sich zu einer globalen, interaktiven Messe entwickeln, die Besuchern ermöglicht, die neuesten Trends über das Internet und Virtual Reality zu erfahren. Diese digitale Expansion erlaubt es, eine viel breitere, global vernetzte Zielgruppe zu erreichen. Dabei wird die IFA auf Technologien setzen, die effiziente Interaktionen sowohl für Besucher als auch für die Industrie ermöglichen. Dies könnte bedeuten, dass die physischen und digitalen Erfahrungen nahtlos miteinander verschmelzen, um ein ganzheitliches und immersives Messeerlebnis zu schaffen. Insgesamt wird die IFA in zehn Jahren wahrscheinlich ein viel dynamischeres, interaktiveres und effizienteres Ereignis sein, das die Grenzen zwischen Mensch und Technik weiter verwischt und neue Maßstäbe für das Verständnis und die Nutzung von Technologie in unserem täglichen Leben setzt.
Worauf freuen Sie sich in diesem Jahr am meisten?
Bezüglich der IFA: Auf lachende, fröhliche Gesichter auf der Messe selbst, den Start unseres Entertainment Konzeptes und die Eröffnung der IFA 100 auf unserer Gala. Und ganz persönlich auf die beiden Deutschlandkonzerte von Metallica.
Herr Lindner, vielen Dank für das Gespräch.
FOTOS: IFA MANAGEMENT, GFU, HITEC
Autor: Joachim Dünkelmann
Dieser Artikel ist am 6. Februar 2024 erstmals erschienen in der Printausgabe von hitec Magazin, Ausgabe 1-2 / 2024.