Leif-Erik Lindner
"Messen wichtiger denn je"

Er strahlt Ruhe und Gelassenheit aus. Aber in seinen Boxhandschuhen möchte man Leif-Erik Lindner eigentlich ebenso wenig reizen, wie vor der Bühne von Wacken Open Air – denn der Berliner hat Power. Als Vice President Consumer Electronics bei Samsung Electronics gehört er zu den einflussreichsten Industrievertretern der Branche. Ehrenamtlich ist er zudem gewählter Vorsitzender des Fachverbands Consumer Electronics im ZVEI und Aufsichtsratsmitglied beim IFA-Veranstalter gfu. Aber hitec sprach mit ihm nicht als Lobbyist, sondern als Samsung-Manager über den Markt, seinen Job und die Situation der Branche.
hitec: Herr Lindner, sie haben das Samsung CE Summit in diesem Jahr virtuell veranstaltet. Nimmt das der Handel an? Und bringt das überhaupt etwas?

Leif-Erik Lindner: Die größte Herausforderung ist, den Händlern dieses Medium näher zu bringen. Auch die Kooperationen hatten mit ihren virtuellen Räumen Anlaufschwierigkeiten. Wir müssen den Spagat schlagen zwischen Sicherheit gegenüber Wettbewerbern und die Nutzung unseren Kunden so convenient wie möglich zu machen. Es kommt gut an. Die Anmeldungen haben unsere Erwartungen übertroffen und die Trainings sind auf dem Niveau des Vorjahres. Aber es gibt ja auch keine Alternative, unseren Kunden die Innovationen näher zu bringen. Optimal ist das nicht, aber aktuell die beste Möglichkeit.

Wie läuft Handelsbetreuung in Corona-Zeiten generell ab, wenn der Außendienst nicht zu seinen Kunden fahren kann?

Weit über 80 Prozent der Kontakte laufen per Telefon oder Videochat. Wir bieten es nicht aktiv an, aber es gibt Händler, die wünschen sich auch im Moment einen persönlichen Besuch. Interessant ist, dass sich unser Außendienst nicht über Unterbeschäftigung beklagt, im Gegenteil findet eine sehr intensive Betreuung statt. Der Handel spiegelt uns auch, dass es gut funktioniert und wir jederzeit für unsere Kunden erreichbar sind.


„Wenn die Läden wieder auf sind, gewinnt derjenige, der die Ware da hat."

Liegt das daran, dass bei Ihnen Kapazitäten durch die Umstrukturierung von Media-Saturn frei geworden sind?

Nein, die Umstellungsphase ist dort aus unserer Sicht noch nicht ganz abgeschlossen. Für uns ist der Kommunikations-Aufwand bislang nicht gesunken. Die Kurzarbeit hat es nicht leichter gemacht. Perspektivisch planen wir jedoch so, künftig mehr Kapazitäten für den Fachhandel zur Verfügung zu haben.

Wie hat Corona die Vertriebswege verändert?

Im ersten Quartal ist der Onlineanteil natürlich dominant, aber der große Gewinner des letzten Jahres ist definitiv der Fachhandel. Gerad in der zweiten Jahreshälfte haben sich die Kooperationen sehr gut entwickelt. Aktuell gibt es aber sehr große Unterschiede in der Entwicklung. Fakt ist: Wer sich im Internet nicht engagiert hat, hat jetzt die größten Probleme. Es gibt leider einige Händler, die sich von den stationären Erfolgen in der letzten Saison haben blenden lassen und sich gesagt haben, ‚ich muss ja nichts machen'. Das rächt sich jetzt. Aber für uns ist es so, dass wir generell mit dem kooperierten Fachhandel eine sensationelle Entwicklung haben. Das gilt für braune und weiße Ware.

Wirkt es sich eigentlich auf das Business aus, dass die Handelsunternehmen auf die Maßnahmen von Bund und Ländern zunehmend mit Unverständnis und sogar Aggression reagieren?

Wir spüren natürlich eine Frustfaktor, aber weniger, als erwartet. Das liegt wohl auch daran, dass viele ihren Weg gefunden haben und punktuell auch von der Entwicklung profitieren.

Es wird in diesem Jahr noch einen Peak geben, nämlich wenn die Märkte wieder öffnen dürfen. Jedenfalls rechnen wir fest damit. Wenn die Läden wieder auf sind, gewinnt derjenige, der die Ware da hat. Deshalb haben einige Händler hohe Bestände und werden deshalb verständlicherweise immer ungeduldiger, wann es denn los geht. Die fehlende Planbarkeit macht allen sehr zu schaffen, die Unsicherheit ist der Kern. Aber die Verfügbarkeit in Q2 entscheidet über den Erfolg.

Gibt es auf Industrieseite derzeit noch Lieferengpässe? Und wirkt sich die Warenknappheit beruhigend auf das Preisgefüge aus?

Die Angst, als teurer Jakob verschrien zu werden in Verbindung mit der ständigen Visibilität im Netz führt dazu, dass sich Lieferengpässe nur bedingt stabilisierend auf die Preise auswirken. Bei den Blickpunktprodukten gibt es immer irgendjemanden, der sich von Ware – aus welchen Gründen auch immer – trennen will. Das brauchen nur sehr wenige sein, um Druck auf das Pricing auszulösen. Wenn man aber weiß, dass Panelpreise ein Einstiegsbereich zum Jahresanfang definitiv gestiegen sind, dann versteht dieses Verhalten keiner mehr. Wir erreichen unsere durchaus ambitionierten Ziele, weil wir lieferfähig sind, nicht weil wir die Preise senken. Wir haben in den meisten Bereichen ein ausreichende Warenverfügbarkeit.


„Das zweite Halbjahr auf Vorjahresniveau wäre gigantisch."

Was ist denn knapp?

Einstiegsware. Gefühlt hätten wir hier die doppelte Menge verkaufen können, aber es macht keinen Sinn. Wir haben anders geplant, unser Mix wird immer besser und wir sind damit sehr zufrieden. Natürlich wird es zur EM entsprechende Geräte geben, weil jeder Händler solche Modelle für seine Werbung vom Marktführer haben will. Unser Schwerpunkt liegt aber bei Neo QLED und generell QLED, nicht im Einstiegsbereich.
Der Saisonverlauf schein in diesem Jahr schwer planbar. Was erwarten Sie von der Europameisterschaft und den Olympischen Spielen?

Die EM wird in jedem Fall ein Impulsgeber sein, gerade für große Bildschirmgrößen. Da wir davon ausgehen müssen, dass sich auch im Sommer noch Vieles zu Hause abspielen muss, wird der Fernseher noch einmal einen richtigen Push bekommen. Und die Spiele in Japan mit Aufzeichnung in 8K wird sich ebenfalls positiv auswirken. Wir können also optimistisch nach vorne blicken. Auch das zweite Halbjahr planen wir optimistisch, nämlich auf Vorjahresniveau. Das wäre gigantisch und lässt sich nicht über-erfüllen.

Wird Samsung bei der IFA dabei sein?

Ich kann das zwar nicht alleine entscheiden, aber wenn die IFA stattfindet, dann wird Samsung auch vor Ort sein. Ich halte es jedenfalls für sehr wichtig, hier ein klares Signal zu geben und mit einer starken Präsenz auch ein Ausrufezeichen zu setzen. Wir setzen uns massiv dafür ein, dass die IFA mit Samsung stattfindet und freuen uns sehr darauf.

Auch in diesem Jahr gab es wieder keine körperlichen Kooperationsmessen und es ging ja auch irgendwie ...

... allen fehlt der persönliche Kontakt im privaten Bereich und da sagt keiner, es geht ja auch irgendwie! Vielleicht sagt das der Controller vom Papier her. Aber wir haben im Dialog mit den Kooperationen festgestellt, dass die professionell durchgeführte Online-Messe gar nicht so viel billiger ist, als eine Präsenzmesse. Alle freuen sich darauf, ihre Veranstaltungen wieder physisch durchführen zu dürfen. Keiner sagt, wir können das doch in Zukunft lassen. Ich glaube, die Messen sind wichtiger denn je.

Herr Lindner, herzlichen Dank für das Gespräch!

FOTOS: SAMSUNG

Das Gespräch führte: Joachim Dünkelmann

Dieser Artikel ist am 4. Mai 2021 erstmals erschienen in der Printausgabe von hitec Magazin, Ausgabe 5/2021.

 

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Leif-Erik Lindner, Samsung, Interview des Monats

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