BVT+GfK
"Komfort und Entertainment"

Corona-Deutschland investiert in Komfort und Entertainment - Cocooning und Homeoffice treiben die Technik-Absätze. Der Handelsverband Technik (BVT) und die GfK gehen angesichts des Teil-Lockdowns mit gemischten Gefühlen in das Weihnachtsgeschäft.
Im Rahmen der Jahreswirtschaftspressekonferenz gaben BVT und GfK einen verhalten positiven Ausblick. „Zwei Lockdowns und Homeoffice sorgen dafür, dass die Deutschen ihr Urlaubsgeld innerhalb der eigenen vier Wände investieren. Ob Kaffeevollautomat, Staubsaugerroboter oder OLED-Fernseher: Die Menschen möchten für ihr Zuhause maximalen Komfort und Entertainment in bester Qualität," so BVT-Geschäftsführer Steffen Kahnt. „Passend dazu wartet die Branche auch in diesem Jahr mit jeder Menge Innovationen auf. Faltbare Smartphones und Smartwatches, die gleichzeitig die Vitalwerte überwachen, sind heißbegehrte Geschenke unter dem Weihnachtsbaum." Die Deutschen werden im Jahr 2020 vorausichtlich 63,6 Milliarden Euro für Technische Gebrauchsgüter ausgeben. Der Gesamtmarkt umfasst Konsumelektronik, Foto, Elektrogroß- und -kleingeräte, Telekommunikation, Informationstechnik und Bürobedarf/Verbrauchsmaterial.
 

Nachdem die Geschäftsschließungen im April und Mai die Umsätze mit Unterhaltungselektronik kurzfristig massiv einbrechen ließen, stiegen die Verkaufszahlen zuletzt wieder an. „Nicht die Fußball-Europameisterschaft, sondern das eingeschränkte Freizeitvergnügen sorgte in diesem Jahr für mehr Nachfrage nach qualitativ hochwertigen TV-Geräten", so Kahnt. Fernseher mit Ultra HD/4k und 8k Auflösung sowie OLED-Displays sind auf Wachstumskurs. Im Vergleich zum Vorjahr wurden 37 % mehr Geräte mit OLED-Funktion verkauft. Dies entspricht einem Umsatzplus von 31 %. Dass die Deutschen in Sachen TV lieber klotzen statt kleckern zeigen die Zahlen der Displaydiagonalen. Große Größen von 70 Zoll aufwärts legten in Menge um 130 % zu. Auch Voice Control wird immer beliebter. So hört mittlerweile jeder zweite Fernseher aufs Wort.

Die starke Nachfrage nach TV-Geräten hat auch zu einem deutlichen Wachstum der Verkäufe von Soundbars geführt (Jan-Aug +4 % in Meng, +6 % in Wert). Hierbei sind besonders Geräte mit separatem Subwoofer gefragt die dem Sound beim TV Erlebnis mächtig Kraft verleihen. Die ungebrochene Nachfrage nach „modernem Sound" ohne Kabel äußert sich auch in den True Wireless-Kopfhörern (Bluetooth). In den ersten acht Monaten 2020 wurden rund 2,4 Mio. Geräte verkauft, dies entspricht einem Absatzplus von 160 %. Die kleinen und absolut kabellosen Begleiter sind mittlerweile auch mit Active Noise Cancelling (Unterdrückung der Umweltgeräusche) verfügbar. Des Weiteren sind einige der Geräte für den Sportgebrauch ausgelegt, sodass sie sich für einen vielseitigen Einsatz eignen.


„Nicht die Fußball-Europameisterschaft, sondern das eingeschränkte Freizeitvergnügen sorgte in diesem Jahr für mehr Nachfrage nach qualitativ hochwertigen TV-Geräten", so BVT-Geschäftsführer Steffen Kahnt

Nachdem Smartphones in den vergangenen Jahren einem ähnlichen Formfaktor folgten, brachten in diesem Jahre faltbare Geräte frischen Wind in den Smartphone Markt. Die neue Form ermöglicht es, durch Aufklappen des Smartphones die Größe des Displays zu verdoppeln. Mit einem Durchschnittspreis von 1.472 Euro in den ersten neun Monaten des Jahres, lagen faltbare Smartphones jedoch noch deutlich über dem Durchschnittspreis von 500 Euro. Ebenfalls für Aufschwung sorgt der neue Mobilfunkstandard 5G. Dieser ist seit Mitte des vergangenen Jahres auch in Deutschland verfügbar und verspricht eine deutlich schnellere Internetverbindung im Vergleich zum Vorgänger 4G. Waren im ersten Quartal 2020 nur ein Prozent aller verkauften Smartphones 5G-fähig, so steigerte sich der Anteil im dritten Quartal auf fünf Prozent. Andreas Peplinski, GfK-Experte für technische Gebrauchsgüter: „Mit dem Ausbau des 5G Netzes und einem breiteren Angebot an 5G-fähigen Geräten, kann in naher Zukunft mit einem deutlichen Anstieg des Anteils an Smartphones gerechnet werden, die über den neuesten Mobilfunkstandard kommunizieren können."

Weiterhin wachsender Beliebtheit erfreuen sich Wearables. Insgesamt wurden in den ersten neun Monaten 2020 2,7 Millionen Geräte verkauft. Am dynamischsten entwickelten sich Smartwatches mit integrierter SIM Karte, deren Absatz sich in den ersten drei Quartalen mehr als verdoppelte. Somit war im Jahr 2020 jede fünfte verkaufte Smartwatch mit direkter Internetverbindung ausgestattet: „Die Zukunftsprognosen für das Segment sind vielversprechend. Mobile Payment, Sprachfunktion, Gesundheitstracking sind einige Impulsgeber. Die Konvergenz von Fitness-Trackern und Smartwatches wird sich fortsetzen," so Peplinski. Auch für ältere Zielgruppen eröffnet sich so eine neue Dimension technologischer Unterstützung im Alltag, die Selbständigkeit, Sicherheit und Einfachheit in der Anwendung in Einklang bringt. So bieten Smartwatches vermehrt eine EKG-Messfunktion, welche bei auffälligen Herzfrequenzen Alarm schlägt.


„Vor allem kleinen und mittleren Betrieben ist es durch ihre Kundennähe und Kreativität sehr gut gelungen, auch während der Schließung der Ladenlokale den Draht zum Kunden zu halten", stellt der BVT-Vorsitzende Frank Schipper fest

Der Foto- / Imaging-Markt bekommt die Auswirkungen der Reisebeschränkungen im Sommer erheblich zu spüren. Foto und Video als Aufnahmemedium leiden unter abgesagten Reisen oder Veranstaltungen jeglicher Art. Innovationen und Neuheiten im Segment der Systemkameras stimmen die Fotobranche aber insgesamt positiv für das Weihnachtsgeschäft. Im Bereich der hochwertigen und preisigen Fotografie profitieren Full Frame Objektive vom positiven Verkauf der Full Frame-Kameras in den Vorjahren. Sowohl bei der Menge als auch beim Umsatz steigen diese um 10 %.

Mit Produkten der Informationstechnologie wurden in den ersten acht Monaten des Jahres sechs Milliarden Euro umgesetzt, was einem Plus von 15 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspricht. Die stärksten Zugewinne auf Gesamtkategorieebene konnten die Bereiche erzielen, die für produktive Tätigkeiten benötigt werden (Monitore, Zubehörkategorien wie Tastauren, Mäuse, etc.). Bei MediaTablets lag die Umsatzentwicklung im Februar und März noch unter dem Vorjahr, zeigte die Formkurve ab April steil nach oben. Mit plus 18 % konnten Tablets das bereits starke Vorjahr noch einmal überbieten und liegen damit auf dem mit Abstand höchsten Niveau der vergangenen fünf Jahre. Ähnlich wie die MediaTablets konnten die klar entertainment-orientierten Gaming-Geräte mit fortschreitender Dauer des Lockdowns starke Zugewinne im Umsatz verzeichnen. Die Umsätze mit Gaming Laptops beispielsweise erhöhten sich um 41 %.

Der Markt für Elektrokleingeräte erholte sich nach den Einbrüchen während des Lockdowns schnell. Insgesamt wurden im Zeitraum Januar-August 2020 11,7 % mehr Umsatz generiert als im Vergleichszeitraum. Einen bedeutenden Beitrag zum Umsatzwachstum trug der Bereich Air Treatment bei. Vor allem reine Luftreiniger aber auch Geräte mit Kühlfunktion sorgten für den Aufwärtstrend. Für den Bereich Bodenreinigung war der Trend zu hochwertigen Produkten ausschlaggebend für das Gesamtwachstum. So lagen bei Staubsaugern weiterhin vor allem akkubetriebene Stielsauger mit plus 23 % sowie Roboterstaubsauger mit plus 13,4 % im Trend. Noch auf kleinem Niveau entwickelten sich Nass-Trockensauger mit einem Umsatzplus von 19,9 % positiv zum Vorjahreszeitraum.

Ein Trading-Up war bei den Kaffeezubereitern zu beobachten. Neben den Espressovollautomaten mit plus 17 % überzeugten auch die Siebträgermaschinen mit einem Umsatzanstieg von 30 %. „Um auch im Homeoffice nicht auf Kaffeegenuss zu verzichten, haben sich viele Menschen hochwertige Kaffeemaschinen für ihr Zuhause gegönnt", so Kahnt. Vor allem Geräte über 500 Euro beeinflussten die positive Entwicklung. In den ersten 8 Monaten des Jahres 2020 zählten außerdem Küchenhilfen zu den Wachstumstreibern bei Elektrokleingeräten. Der Umsatz am Panelmarkt steigt auf 239 Mio. Euro, was eine Zuwachsrate von 32,4 % bedeutet. Die positive Entwicklung war über alle Kategorien hinweg zu beobachten, hauptsächlich jedoch für Küchenmaschinen und Foodprozessoren.

Auch der Markt für Haushaltsgroßgeräte hat sich schnell vom Lockdown im Frühjahr erholt und liegt im Umsatz deutlich über Vorjahr. Hamsterkäufe und der Umstand, dass die Deutschen im Homeoffice mehr Mahlzeiten selbst zubereiten, haben zu einem erhöhtem Lagerbedarf an Lebensmitteln geführt. Dies zeigt sich in der weiterhin hohen Nachfrage nach Gefriertruhen (+49 % im Umsatz gegenüber dem Vorjahr) und großen Standgefriergeräten (+44 %). Ebenso bei Kühlgeräten, wo vor allem Side by Side (+29 %) und großvolumige Multidoors (+60 %) mit schickem Design deutlich zulegen. Angesichts der Corona-Pandemie rückt auch das auch Thema Hygiene stärker in den Fokus. Waschmaschinen mit Dampffunktion konnten im Umsatz in diesem Jahr um satte 23 % zulegen. In der Küche setzt sich der Siegeszug der Kochfelder mit integriertem Abzug fort (+20 %), zumal aktuell mehr als gewöhnlich zu Hause gekocht wird. Generell zeigte sich bei smarten Haushaltsgeräten ein deutliches Wachstum. So legen smarte Backöfen um 75 % zu und auch Waschmaschinen wachsen nochmals um 19 %, womit bereits fast jede fünfte gekaufte Waschmaschine smart ist.


„Mit dem Ausbau des 5G Netzes und einem breiteren Angebot an 5G-fähigen Geräten, kann in naher Zukunft mit einem deutlichen Anstieg des Anteils an Smartphones gerechnet werden", prognostiziert GfK-Experte Andreas Peplinski

Die Lockdown-Phase im Frühjahr hat dem stationären Handel zugesetzt. Der sprunghaft angestiegene Bedarf für Home Office- und Home Schooling-Produkte wurde zu einem großen Teil über die Online-Kanäle des stationären Handels und der Pure Player gedeckt. Vor allem größere Märkte waren durch die 800 m²-Regelung hiervon besonders betroffen. Auch nach Beendigung der Geschäftsschließungen haben viele Kunden ihr Einkaufsverhalten der Situation in den öffentlichen Verkehrsmitteln und Innenstädten sowie dem eigenen Sicherheitsempfinden angepasst: Der Online-Anteil am Gesamtmarkt mit Technik ist sprunghaft gestiegen. „Vor allem kleinen und mittleren Betrieben ist es durch ihre Kundennähe und Kreativität sehr gut gelungen, auch während der Schließung der Ladenlokale den Draht zum Kunden zu halten und sie mit den benötigten Produkten zu versorgen. Die Dienstleistungsstärke und regionale Verwurzelung der Betriebe hat sich in dieser Phase ausgezahlt", so der BVT-Vorsitzende Frank Schipper. „Verstärkend kommt hinzu, dass sich viele Kunden auf das Kaufen vor Ort besonnen haben und mit einem neuen Lokalpatriotismus das Geschäft um die Ecke mit ihrem Einkaufsverhalten unterstützt haben." Innerhalb der gesamten Branche hat es nach Einschätzung des BVT eine vorweggenommene, aber dauerhafte Verschiebung in Richtung E-Commerce gegeben, von der gleichermaßen der Online-Verkauf des stationären Handels und die reinrassigen Internetanbieter profitieren.

GRAFIKEN: GFK; FOTOS: GFK, BVT

Autor: Joachim Dünkelmann

 

 

 

Schlagwörter

BVT, GfK, Handelsverband Technik

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