Händler-Interview
"Wer sich streckt, wird Erfolg haben"

Seit mehr als 50 Jahren existiert im Münchener Stadtteil Obermenzing „Krug Fernsehen“. Als reine Werkstatt gestartet, entwickelte sich bald ein gut laufendes TV-Fachgeschäft. Bis vor zwölf Jahren das Aus drohte. Und Inhaber Horst Krug auf Josef Veith traf. Ein hitec-Händler-Portrait.
Josef Veith, 66, geschätzt mindestens zehn Jahre jünger und nach eigener Aussage bei 39 Jahren stehen geblieben, lässt sich entschuldigen: „Ich muss mich noch um einen Kunden kümmern, neben sie doch schon mal Platz." Ein offensichtlich einfaches Problem wird in aller Ruhe per Ferndiagnose am Telefon gelöst. Zeit, sich umzuschauen: Auf rund 15 Quadratmetern Verkaufsfläche herrscht ein wenig Chaos. Aber nicht die Sorte Unordnung, die einen nervös macht und den Eindruck erweckt, hier hätte jemand sein Geschäft nicht im Griff. Eher die Art von Unordnung, die sich bei einem begeisterten Techniker nicht vermeiden lässt und nach Arbeit aussieht. Genau das ist bei Josef Veith der Fall. „Okay, probieren sie es aus und wenn es nicht klappen sollte, melden sie sich bitte wieder bei mir." Josef Veith hat jetzt Zeit für ein interessantes Gespräch.

 

Herr Veith, wie kommt es, dass Sie Inhaber eines Geschäfts sind, das „Krug Fernsehen" heißt?

1969 habe ich meine Ausbildung bei Elektro Ecker zum Einzelhandelskaufmann begonnen und habe in dem Geschäft insgesamt 21 Jahre gearbeitet. Anschließend folgten zehn Jahre, in denen ich mein Hobby als freier Filmproduzent zum Beruf gemacht habe. In der Zeit entstand auch der Kontakt zu Horst Krug, der mein Equipment reparierte. Und wie es der Zufall wollte, begegnete ich Horst Krug just in dem Moment, als ich auf dem Weg war, einen Zehn-Jahres-Mietvertrag für ein Ladenlokal in der Münchener Innenstadt zu unterschreiben. Er erzählte mir, dass er seinen Betrieb bald schließen müsse. Da packte mich der Wahnsinn: Aus den zehn Jahren in der Innenstadt wurden zwei, die auch nur notwendig waren, um die Abwicklung der Geschäftsübernahme zu überfristen. Den Namen habe ich nach der Übernahme im Jahr 2007 aufgrund seiner Tradition einfach übernommen.

Wie reagierte Ihr Umfeld? Schließlich war der Zeitpunkt für die Eröffnung eines TV-Fachgeschäfts mutig: Die Digitalisierung stand 2007 in den Startlöchern, die Furcht vor dem Internet war groß.

Wissen Sie, wenn alle sagen, das geht nicht, musst du die Lücke finden. Genau das ist meine Herangehensweise und Motivation. Ich habe damals einen Kundenstamm von 7.000 Adressen übernommen und in fünf Jahren auf mehr als 12.000 fast verdoppelt. Davon sind aktuell 3.000 regelmäßige Kunden, was für mich heißt, dass die mindestens einmal im Jahr etwas bei mir kaufen. Ich war mir von Anfang an sicher: Wer sich streckt und müht, Nischen findet, die das Internet nicht bieten kann, wird auch Erfolg haben.

Stichwort „Kaufen": Was erwartet einen potenziellen Kunden bei Ihnen?

Wir verkaufen Unterhaltungselektronik mit traditionellen Servicediensten. Dazu kommen Beratung und Montage von SAT-Anlagen. Zusätzlich haben wir uns als Spezialist für Netzwerk-Systeme und -Speicher, die unmittelbar mit der Medienwelt verknüpft sind, einen Namen gemacht. Und, ganz wichtig: Wir reparieren TV-, HiFi- und Videogeräte fast aller Marken – auch wenn das Gerät nicht bei uns gekauft wurde.

In Ihrem Firmennamen taucht noch „Computer Corner" auf. Welche Dienstleistung verbirgt sich dahinter?

Das steht für den Bereich Video-Bearbeitung. Mit den ‚Casablanca'-Produkten des deutschen Herstellers Macro Motion sind wir mittlerweile die Nummer 2 unter rund 160 Fachhändlern in Deutschland. Neben einem ordentlichen Umsatz im niedrigen sechsstelligen Bereich profitieren wir letztendlich auch durch das Knowhow in diesem Nischenbereich, in dem wir viele unserer Kunden im Rahmen von Informations-Abenden von den fantastischen Möglichkeiten der eigenen Filmerei und Bearbeitung überzeugen. Andersherum kaufen unsere ‚Casablanca'-Kunden natürlich auch TVs, Kameras oder anderes Zubehör bei uns.

Wie lautet Ihre Einschätzung zur aktuellen Situation des stationären Fachhandels? Und wo sehen Sie diesen in zehn Jahren?

Das Sterben in der Branche ist ja sichtbar. Nach meiner Einschätzung liegen die Ursachen noch immer viel zu oft in eigener Unfähigkeit und Arroganz. Wie oft höre ich beispielsweise, dass Kollegen Beratung oder Reparaturen von Geräten, die im Internet gekauft worden sind, aus Prinzip ablehnen. Warum sehen sie nicht die Chance in der Not des Kunden? Warum wollen die kein Business machen?

Klare Worte. Wo muss dann der Handel Ihrer Meinung nach in zehn Jahren stehen, um erfolgreich zu sein?

Ganz ehrlich: Er muss da sein, wo ich jetzt bin. Jeder einzelne Händler muss vielseitig und dynamisch sein, das für seine Käufer optimale Sortiment suchen und finden sowie die Kommunikation zur eigenen Kundschaft und örtlichen Presse pflegen. Etwas Grundsätzliches: Denke nicht drüber nach, was nicht geht, sondern lass dich davon steuern, was du machen willst und mach es einfach.

Zum Schluss noch ein Wort in Sachen Kooperation. Sie sind seit zwölf Jahren Mitglied bei Telering. Warum und was schätzen Sie an der Kooperation besonders?

Telering löst Probleme sehr professionell und ist ein unersetzbarer Mittler zwischen Herstellern und Fach-Einzelhändlern. Ganz besonders schätze ich die ‚1A Händler'-Qualifikation als Fachgeschäft und Fachwerkstatt. Das findet auf hohem Niveau statt. Nach 2015 bewerbe ich mich auch 2019 wieder um diese Qualifikation. Dieses Schild an der Tür hat kein Internetportal und auch kein Markt. Die Kriterien sind hart, aber machbar.

Herr Veith, wir danken Ihnen herzlich für das Gespräch.

Schlagwörter

Interview, TV-Fachgeschäft, Digitalisierung, SAT, KABEL & CO., Branche & Markt

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