Patrick Döring
"Begeistert von den Partnern"

Das Einzelhandels-Gen hat Patrick Döring dank seiner Unternehmer-Eltern praktisch im Blut. Bereits seit 1999 ist der Wirtschaftswissenschaftler – mit operativer Unterbrechung – bei der Wertgarantie in Lohn und Brot. Der ehemalige FDP-Generalsekretär verantwortet seit Sommer 2020 als Vorstandsvorsitzender die Geschäfte der Wertgarantie-Group in Hannover. Das Geschäftsmodell seines Unternehmens sorgt „nebenbei" bei tausenden Fachhändlern für Wertschöpfung, Kundenbindung und Rentabilität im Service. Und das soll auch so bleiben, wie Döring im hitec-Interview versichert.
hitec: Herr Döring, der Handelsverband Deutschland sieht 50.000 deutsche Handelsbetriebe in akuter Lebensgefahr. Haben Sie Angst um Ihre Fachhändler?

Patrick Döring: Wir haben zurzeit noch keine zu große Sorge um unsere Fachhändler. Wir sind ja trotz Lockdown und eingeschränkter Möglichkeiten in sehr engem Austausch mit unseren Partnern, die uns bestätigen, dass sie die Chancen über Service und click & collect - soweit erlaubt - durchaus nutzen. Sie sind natürlich nicht so zufrieden, als wenn sie geöffnet hätten. Aber trotzdem kommen sie durch und ihre Kapitalbasis ist so stark, dass man noch keine existenziellen Nöte hat. Ich höre aber auch viel, dass die versprochenen Hilfen noch auf sich warten lassen. Deshalb wird der Wunsch nach einer Öffnungsperspektive Tag für Tag größer und das zu Recht.

Mit welchen Maßnahmen können Sie ihre Partner im Handel unterstützen?

Wir haben im vergangenen Jahr bereits Maßnahmen zur Verbesserung der Liquiditätslage ergriffen, indem wir einen Halbjahresabschlag auf den VIP-Bonus gezahlt haben. Außerdem haben wir während dieser Lockdown-Phase sehr schnell offene Abrechnungen vorgenommen, damit bei unseren Partnern keine weiteren Liquiditätsprobleme entstehen. Und natürlich überlegen wir auch, wie wir durch eine unterstützende Aktion die Wiedereröffnung der Geschäfte, sofern wir dann Klarheit darüber haben, auch monetär unterstützen können.


„Neben dem Ende des Impfstoffdebakels braucht es jetzt eine Perspektive für den Handel und ein Ende der Wettbewerbsverzerrung."

Wertgarantie zeichnet sich durch einen starken Außendienst, viele Veranstaltungen und eine große Kundennähe aus. Verlieren Sie im Moment ein wenig den Kontakt?

Ich bin total begeistert, wie aktiv unsere Partner unsere digitalen Instrumente annehmen, insbesondere in der Akademie. Ihren Mitarbeitern sagen sie – selbst, wenn sie in Kurzarbeit sind: trainiert, macht die Schulungen, seht euch das an! Unser Webinar „Verkaufen in Zeiten geschlossener Geschäfte" aus dem letzten Jahr hat immer noch Nachhall. Viele nutzen die Chance jetzt, über ihre Servicetechniker und die Mitarbeiter, die Ware rausgeben, oder telefonisch Wertgarantie zu platzieren. Unser Außendienst ist nicht komplett in Kurzarbeit, um telefonisch erreichbar zu sein und auch die Kontakte zu pflegen. Deshalb ist meine Wahrnehmung, dass wir den Kontakt gut halten können. Was fehlt, sind persönliche Begegnungen. Das vermisse ich sehr und freue mich, wenn wir das im Sommer dieses Jahres in irgendeiner Form nachholen können.

Was ist das wichtigste Thema, mit dem sich ein Fachhändler derzeit beschäftigen sollte?

Offensichtlich ist: Wer nach dem letzten Lockdown click & collect nicht umgesetzt hat, der ist jetzt in einer schwierigen Lage. Die Digitalisierungskompetenz des Fachhandels steht absolut im Mittelpunkt. Und: Service, Service, Service! Kundenbindung über die persönliche Ansprache, über Serviceleistungen und natürlich auch über zusätzliche Dienstleistungen wie Wertgarantie ist ein Muss. Ich bin sicher, dass diejenigen, die über gute Wertgarantie-Kundenbasen aus der Vergangenheit verfügen, sehr treue und ansprechbarbare Kunden auch in Pandemiezeiten haben. Das zeigt immer mehr, dass wir durch unsere Dienstleistung das unterstützen, was online eben nicht so leicht geht.

Was bedeutet der Lockdown für Ihr Versicherungs-Business? Gibt es eine Corona-Delle bei Wertgarantie?

Wir werden natürlich in den Monaten Januar und Februar unsere Neugeschäftsziele nicht erreichen können. Auf der anderen Seite bin ich sehr froh, dass wir sehr wenige Kunden verlieren. Unsere Kunden sind sehr treu und die Bestände sehr stabil. Wir haben nach dem letzten Lockdown beim Thema Schaden einen Nachholeffekt gesehen, weil im Home-Office keiner auf sein Smartphone verzichten will und kleinere Schäden befristet toleriert werden. Wir rechnen nach Öffnung der Läden auch diesmal mit einem Nachholeffekt bei Schäden – aber auch beim Neugeschäft.

Sie haben langjährige Erfahrung in der ersten Reihe auf dem politischen Parkett in Berlin: Wie bewerten Sie die Pandemie-Maßnahmen der Bundesregierung vor allem im Hinblick auf den Einzelhandel?

Es fehlt nicht an gutem Willen. Das sieht man an den gewaltigen Summen, die dort in kurzer Zeit zur Verfügung gestellt wurden. Und es fehlt auch nicht an der grundsätzlichen Bereitschaft, schnelle Liquiditätshilfen und Entlastungen abzubilden. Es fehlt allerdings massiv an praktischer Umsetzungskompetenz auf allen Ebenen – kommunal, auf Landes- und auf Bundesebene. Die zunehmende Verzweiflung und Wut der Betroffenen über die schleppende Auszahlung und dass sie von den Milliarden, die da ins Schaufenster gestellt wurden, so wenig abbekommen, ist mehr als verständlich.
Eine große Hilfe ist und bleibt das Thema Kurzarbeit. Es scheint derzeit das einzige Instrument, das funktioniert. Offenbar ist die Bundesagentur für Arbeit fähiger als das die anderen staatlichen Einheiten sind. Neben dem Ende des Impfstoffdebakels braucht es jetzt eine Perspektive für den Handel und ein Ende der Wettbewerbsverzerrung. Wenn Lebensmittelhändler auch Elektrogeräte anbieten oder in anderen europäischen Nachbarländern wie Österreich und Luxemburg die Geschäfte geöffnet sind, muss das jeden Fachhändler wütend machen – und das auch zu Recht.


„Wir sind mit Finanzierern im Gespräch, wie wir Garantieverlängerung und Versicherungsprodukt gegebenenfalls koppeln können."

Juckt es Sie in den Fingern, politisch wieder stärker aktiv zu werden?

Ich bin ja in der glücklichen Lage, dass ich immer noch Zugang habe zu Menschen mit politischer Entscheidungsgewalt und den nutze ich auch. Aber ansonsten bin ich mit dem Management der Wertgarantie hochgradig ausgelastet – und es macht auch noch Freude!

Wenn wir ein Jahr nach vorne blicken – Stichwort Internet, Stichwort Innenstädte: Wie wird sich der Handel mit Hausgeräten und Elektronik bis dahin verändern?

Es kann und wird unseren Partnern wieder gelingen, ein Einkaufserlebnis außerhalb des Internets attraktiv zu machen. Dabei spielen natürlich die Mitarbeiter eine große Rolle, aber auch die Standort- und Präsentationsqualität. Viele CE- und Elektro-Fachhändler sind nicht im Bereich Innenstadt angesiedelt, was im Moment vielleicht eher ein Vorteil ist. Denn neben der Digitalisierung diskutieren wir in allen Großstädten die auto-arme Innenstadt, die sicher für den Verkauf von größeren Geräten ein Killer sein wird. Darauf muss man sich einstellen. Ich bleibe dabei: Der Wunsch nach Begegnung, nach Gespräch, nach Sehen, Anfassen und Fühlen ist nicht weg – das Internet ist derzeit ein Ventil, weil es dies alles im Moment nicht gibt. Dieses Erlebnis wieder zu schaffen, auch mit hoher Service- und Verkaufsqualität, das wird den meisten gelingen – und es muss ihnen auch gelingen.

Was wird sich dadurch an dem Verhältnis der Wertschöpfung aus Ware und Dienstleistung verändern?

Wir gehen nach wie vor fest davon aus, dass der Fachhandel auf einen Anteil von 50 % der Wertschöpfung aus der Dienstleistung zugeht. Und da spielt Wertgarantie eine wichtige Rolle.

Gab es schon mal Überlegungen, auch Wartungsverträge beispielsweise für das Smart Home anzubieten? Oder wie in der Kfz-Branche eine Koppelung mit Finanzierung oder Leasing?

Wir glauben, dass wir mit den beiden Säulen Garantieverlängerung oder Versicherungsprodukt gut aufgestellt sind. Mit Finanzierern sind wir im Gespräch, wie wir die Produkte gegebenenfalls koppeln können. Da bin ich guter Dinge, dass wir hier auch Antworten liefern können.

Wenn Ihr aktueller Corona-Gemütszustand ein Emoji wäre: Wie sähe das Emoji dann aus?

Ich bin genervt und müde von dem Thema. Beides kann ich mir aber nicht erlauben, wenn ich morgens ins Büro gehe.

Herr Döring, vielen Dank für das Gespräch!

FOTOS: WERTGARANTIE

Das Gespräch führte: Joachim Dünkelmann

 Dieser Artikel ist am 2. März 2021 erstmals erschienen in der Printausgabe von hitec Magazin, Ausgabe 3/2021.

 

Schlagwörter

Patrick Döring, Wertgarantie, Impfstoffdebakel, Ungleichbehandlung, Öffnungsstrategie

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