hitec: Seit mehr als 35 Jahren sind Sie bereits im und für den Fachhandel in der Consumer und Elektrobranche tätig. Was hat sich in der Handelswelt seitdem am meisten verändert?
Thilo Dröge: Auch wenn die Antwort nicht jedem schmecken mag, so ist die Realität heute im Handel die, dass Dienstleistungen für den Erfolg und den Ertrag wichtiger geworden sind als die Ware in vielen Sortimenten. Und das bedeutet eine enorme Veränderung im Verkauf und im Umgang mit den Kunden, das muss jedem bewusst sein. Verkäufer müssen in der Lage sein, Kunden emotional abzuholen und zu begeistern und damit ist und bleibt der Mensch im Handel – im Verkauf, an der Kasse bis hin zum Auslieferfahrer oder Servicetechniker der wichtigste USP eines Unternehmens. Wir alle wissen doch, dass nur aus der Ware heraus ein Unternehmen kaum zu betreiben ist, die Kostenstruktur im Handel ist durch den hohen Einsatz von qualifiziertem Personal längst deutlich höher als die Durchschnittsspanne, die aus dem reinen Warengeschäft zu erzielen ist.
Wie wird das Geschäftsmodell des Einzelhandels in 20 Jahren aussehen?
Ich sage mit fester Überzeugung: Das Geschäft im Handel wird auch in 20 Jahren – wie auch bereits vor 20 Jahren - mit hoher Wahrscheinlichkeit zwischen Menschen gemacht. Allerdings unter Nutzung aller zur Verfügung stehender Technik, vom Onlineshop, über digitale Preisschilder bis zum Einsatz von KI. Und für den einzelnen Unternehmer wird es immer schwerer werden, da mitzuhalten. Sich einfach nur „durchzumogeln“ geht heute kaum noch. Echtes Verkaufen ist gefordert. Denn durch die Nutzung der Technik, ist der Kunde in der Lage, extrem gut informiert zu sein. Oft besser als der Verkäufer. Und der Kunde weiß auch genau, was er will. Bedarfsanalyse, Interesse wecken, technische Daten vergleichen, das alles weiß der Kunde nicht erst im Geschäft in dem er die Preisschilder gemeinsam mit dem Verkäufer liest. Das passiert alles bereits im Vorfeld und zu Hause beim Kunden.
"Wir alle wissen doch, aus der Ware heraus ist ein Unternehmen kaum zu betreiben“, so Thilo Dröge über die Rentabilität
Gehört die Zukunft dem Verkauf oder der Vermietung von Geräten?
Da sprechen Sie sicher gezielt unser neues Geschäftsfeld in Österreich an – „Mieten statt Kaufen“ –, welches wir durch die Übernahme der Club.Weiss Handelsgesellschaft Ende letzten Jahres übernehmen konnten. Darin sehen wir sehr großes Potential – auch für den deutschen Markt. Unserer Meinung nach ist Mieten eine mehr als interessante Alternative zum Kaufen und wird das Angebot im Einzelhandel sinnvoll ergänzen. Die Zukunft ist also nicht „Vermieten oder Verkaufen“, sondern vielmehr „Vermieten und Verkaufen“. Auch hierbei entscheidet letztlich der Kunde, welches Modell besser zu ihm passt. Die Zielgruppe für Mieten ist auf jeden Fall da und der Bedarf wächst.
Was könnte die Integration von „Mieten statt Kaufen“ in die Wertgarantie Group möglich machen?
Das Modell passt, so wie es in Österreich seit gut 25 Jahren betrieben wird, sehr gut zu unserer Ausrichtung: starke Serviceleistungen und enge Zusammenarbeit mit dem Fachhandel. Das können wir durch unsere Vertriebsarbeit im Außendienst und durch Schulungsmaßnahmen der Wertgarantie-Akademie optimal ergänzen und stärken. So starten wir derzeit in Österreich damit durch und werden neben den bestehenden Fachhändlern, die das Modell bereits aktiv vermarkten, auch unsere mehr als 600 österreichischen Partner im Fachhandel einbinden und das Modell so ausrollen. Gleichzeitig prüfen wir eine Umsetzung für den deutschen Markt.
Was heißt das ganz praktisch?
Langfristig wollen wir das Modell auch in Deutschland und ggf. weiteren Ländern etablieren. Kurzfristig sind Pilotphasen bei ausgewählten Fachhändlern mit ausgewählten Marken denkbar, aber das werden final die kommenden Wochen zeigen. Denn aus unserer Sicht ist dieses „Mieten statt Kaufen“ eine sehr gute Chance, den Fachhandel mit weiteren Serviceleistungen zu stärken.
„Unser ,Mieten statt Kaufen‘ ist eine sehr gute Chance, den Fachhandel mit weiteren Serviceleistungen zu stärken“, meint der Wertgarantie-Vertriebs-Geschäftsführer
Seit Jahren drängen Wettbewerber mit eigenen Garantiedienstleistungen auf den deutschen Markt. Wie behauptet sich da die Wertgarantie?
Wir sehen da eher eine deutliche Entspannung und Beruhigung. Natürlich nehmen wir Marktbegleiter wahr und einige Start-Ups und Neueinsteiger haben sich so manche „blutige Nase“ geholt. Denn was viele vergessen: Es geht darum, Leistungen zum Kunden und zum Handel zu bringen. Und vor allem geht es darum, Schäden zuverlässig und schnell auszuzahlen. Und diese wer- den für alle Beteiligten immer kostspieliger. Mit unseren Produkten und insbesondere dem Komplettschutz sind wir da sehr gut aufgestellt. Mit dem Komplettschutz haben wir das umfangreichste und stärkste Garantie Produkt des Marktes im Portfolio und gleichzeitig ist es auch das nachhaltigste und ertragreichste Kundenbindungsinstrument der ganzen Branche.
Welche Unternehmen schöpfen die Potenziale von Wertgarantie eigentlich am stärksten aus? Was machen die ganz praktisch?
Die Unternehmen, die fest in ihre Abläufe integriert haben, jeden, aber auch wirklich jeden Kunden im Geschäft auf Wertgarantie anzusprechen, haben auch den größten Erfolg. Das zeigen unzählige Fallbeispiele. Und wie das am besten geht, dabei unterstützen wir mit unserer Online-Akademie, unserem Trainerteam und unserer Außendienstmannschaft. Und wir haben seit gut einem Jahr unser WERT-Management – das Entwicklungsprogramm für Führungskräfte im Handel – etabliert: Mit vielen Praxisbeispielen, von Mitarbeitergesprächen über Zielvereinbarungen bis zu motivierenden Prämiensystemen für die eigenen Mitarbeitenden. Wenn Mitarbeiter an den Erfolgen in einem fairen Maß beteiligt werden, erhöht das deutlich die Motivation, Kunden immer auf die Vorteile von Wertgarantie anzusprechen.
Welches Plus beim Bruttogehalt ist dabei für manchen Mitarbeiter möglich?
Das hängt natürlich immer vom einzelnen Unternehmen und der Umsetzung durch die Mitarbeitenden selbst ab. Jeder sollte sich immer vor Augen halten, dass die Absicherung vor hohen Reparaturkosten für die Kunden wichtig und durchaus auch bekannt ist. Wenn Kunden nun gezielt auf die Möglichkeiten mit Wertgarantie aufmerksam gemacht werden, sagt kaum jemand „nein“. Also kann sich jeder ganz leicht selbst ausrechnen, welche Verdienstmöglichkeiten er hat, wenn er täglich jeden Kunden begeistert. Das geht deutlich über das normale Gehalt im Handel hinaus. Und das führt im Endeffekt zu einer höheren Bindung der Mitarbeiter und schützt in Zeiten von akutem Fachkräftemangel ganz deutlich vor Abwerbung.
Horst Neuböck (links) und Thilo Dröge besiegeln die Übernahme von Club.Weiss per Handschlag. (Foto: Markus Nitsche)
Welche Rolle spielen Incentives bei Ihnen zur Bindung und Gewinnung von neuen Handelspartnern?
Unsere Veranstaltungen, wie der 365er Profi-Treff, der in diesem Jahr nach Athen führt oder unsere Profi-Tour, die uns im Herbst nach Nord-Mazedonien führen wird, werden begeistert angenommen und sind absolute Highlights für unsere Partner und deren Mitarbeiter und natürlich auch für uns. Und mal ganz ehrlich, wer tut denn sonst noch so viel für die Menschen im Handel und deren Motivation und Qualifizierung wie Wertgarantie?
Wie bewerten Sie das neue EU-Recht auf Reparatur?
Das „Recht auf Reparatur“ ist prinzipiell ein guter und wichtiger Ansatz, um Konsumverhalten und auch das Produktionsverhalten zu verändern. Auf der anderen Seite ist es allerdings so, dass der Glaube der EU, dass sich Reparaturen dadurch günstiger gestalten lassen, ein Trugschluss ist. Denn bessere Qualität der Geräte, Verfügbarkeit von Ersatzteilen, Weitergabe von Reparaturanleitungen und Know-how an Werkstätten – all das führt meiner Einschätzung nach dazu, dass Reparaturen perspektivisch eher deutlich teurer werden. Das spüren wir heute schon. Das gilt auch für Neugeräte, die den Vorgaben entsprechen müssen und bestenfalls dem Handel auch den entscheidenden Ertrag ermöglichen, seine Mitarbeitenden entsprechend qualifizieren und bezahlen zu können. Zudem stellt sich angesichts des Fachkräftemangels die Frage, wer zukünftig die Reparaturen ausführen soll.
Bis 2026 muss das EU-Recht auf Reparatur in deutsches Recht umgesetzt werden, was fordern Sie von der Bundesregierung?
Der reparierende Fachhandel muss gestärkt und gefördert werden. Zudem müssen dringend Schritte unternommen werden, dass mehr geeignet Fachkräfte verfügbar sind. Und die Abwicklung der geplanten Maßnahmen muss klar und einfach sein, um „Anfängerfehler“ wie beim Reparaturbonus in anderen Ländern zu vermeiden.
Und was empfehlen Sie den Handelsunternehmern?
Stellt euch so schnell wie möglich darauf ein und stärkt die Zusammenarbeit mit Wertgarantie. Denn jedes mit Wertgarantie geschützte Elektrogerät bietet den Kunden, dem Handel und der Industrie die Sicherheit, dass dieses fachgerecht und kostenneutral repariert werden kann. Das ist unsere klare Mission, dafür gibt es Wertgarantie.
FOTOS: WERTGARANTIE, MARKUS NITSCHE
Autor: Steffen Kahnt
Dieser Artikel ist am 4. Februar 2025 erstmals erschienen in der Printausgabe von hitec Magazin, Ausgabe 1-2 / 2025.