Horst-Werner Dick: Ich habe mir für 2025 keinen klassischen Vorsatz gesetzt. Das Leben bringt täglich so viele Überraschungen, dass es für mich wichtiger ist, flexibel zu bleiben und offen auf neue Herausforderungen zu reagieren. Statt mich an starre Ziele zu binden, setze ich auf eine positive Einstellung, Ausgeglichenheit und die Freude an dem, was ich tue. Mit dieser Haltung bin ich bestens vorbereitet – ganz gleich, was das Jahr bringt.
Was ist die größte Herausforderung, wenn man sein Unternehmen in jüngere Hände übergibt?
Die größte Herausforderung liegt oft im Balanceakt zwischen Tradition und Innovation. Ebenso in der Fähigkeit als “Alter“ loszulassen und die Jugend konstruktiv dabei zu unterstützen. Einerseits muss der langjährige Unternehmensgeist und das bewährte Know-how erhalten bleiben, andererseits sind neue Ideen, moderne Führungsansätze und Flexibilität gefragt, um sich an aktuelle Marktbedingungen anzupassen. Insbesondere die Weitergabe von implizitem Wissen und Erfahrung an die jüngere Generation erfordert einen sensiblen und strukturierten Übergabeprozess, der Vertrauen aufbaut und beiden Seiten gerecht wird.
„Durch neue Märkte und zusätzliche Services wie Online-Shops oder Reparaturservices generieren wir neue Einnahmequellen.“
Was ist der wichtigste Ratschlag, den Sie Ihrem Sohn als Unternehmer mitgeben?
Dein wichtigstes Kapital sind die Menschen – deine Mitarbeiter, Kunden und Partner. Höre ihnen zu und sei fair, aber bleibe standhaft in deinen Werten. Triff Entscheidungen mit Weitsicht, doch verliere nie den Mut, Risiken einzugehen. Und denke immer daran: Ein guter Ruf braucht Jahre, um aufgebaut, aber nur Sekunden, um zerstört zu werden.
Was kann Ihr Sohn besser als Sie?
Mein Sohn bringt frischen Wind in unser Unternehmen, besonders in den Bereichen Digitalisierung und moderne Kommunikation. Er versteht es, Social-Media-Plattformen gezielt zu nutzen, um unsere Reichweite zu erhöhen und unsere Marke zu stärken. Außerdem hat er ein besonderes Gespür für den Zugang zur jungen Generation – sei es bei der Rekrutierung neuer Talente und Mitarbeiter oder in der Ansprache junger Kunden. Durch seine moderne Herangehensweise spricht er Zielgruppen an, die wir früher nur schwer erreichen konnten. Diese Fähigkeiten ergänzen meine Erfahrung perfekt und stärken unser Unternehmen für die Zukunft.
Müssen Sie expandieren und warum?
Ja, wir müssen expandieren und machen dies auch: Wir sind gerade in neuen Verhandlungen um unseren 5. Markt zu eröffnen. Mehr Standorte oder größere Geschäfte bedeuten mehr Kundenkontakt und höhere Verkaufszahlen. Durch neue Märkte und zusätzliche Services wie Online-Shops oder Reparaturservices generieren wir neue Einnahmequellen. Durch neue Filialen in anderen Regionen können zudem mehr Kunden angesprochen werden und die Sichtbarkeit und das Vertrauen in unser Unternehmen steigt. Die Skaleneffekte und Kostenvorteile darf man ebenso nicht vernachlässigen wie Effizienzgewinne in Logistik oder Marketing, Buchhaltung und Verwaltung.
„Gerade in wirtschaftlich angespannten Zeiten zählt nicht, wer am meisten verkauft, sondern wer am besten rechnet.“
Funktioniert das Modell des „Einzelkämpfers“ im Elektrohandel nicht mehr?
Das Modell des Einzelkämpfers ist nicht unmöglich, aber es wird immer schwieriger. Die Anforderungen an Dokumentation, Datenschutz, Steuervorschriften und Umweltauflagen sind gestiegen. Ob Gewährleistungsfragen, Produkthaftung oder Datenschutz – rechtliche Themen werden immer komplexer. Digitale Sichtbarkeit ist heute essenziell. Wer als Einzelhändler nicht aktiv auf Plattformen wie Facebook, Instagram oder TikTok präsent ist, verliert potenzielle Kunden an größere Anbieter mit professionellen Marketing-Teams. Große Handelsketten und Einkaufsverbände profitieren von Mengenrabatten und besseren Konditionen bei Herstellern.
Welche Aufgaben übernimmt die Verbundgruppe für Ihr Unternehmen?
Die EK Retail unterstützt uns in vielen Bereichen. Durch den Zentraleinkauf erhalten wir bessere Konditionen und Rabatte. Sie helfen uns bei der Sortimentsgestaltung und bieten exklusive Eigenmarken an. Finanzielle Vorteile wie Zentralregulierung und Jahresboni stärken unsere Liquidität. Im Marketing profitieren wir von Werbematerialien und Beratung zur Ladengestaltung. Schulungen und Workshops halten unser Team auf dem neuesten Stand. Messen und Regionaltreffen fördern den Austausch mit anderen Händlern. Zudem unterstützt die EK unsere Digitalisierung und bietet moderne Kassensysteme. Nachhaltigkeitskonzepte wie Energieberatung und Recyclingprogramme runden das Angebot ab. Insgesamt macht uns die EK Retail effizienter und wettbewerbsfähiger.
Welche neue Dienstleistung würden Sie sich von der Kooperation noch wünschen?
Von meinem Einkaufsverband wünsche ich mir insbesondere einen Leitfaden zur Expansion und Filialisierung. Dies wäre eine strukturierte Orientierungshilfe mit Best Practices und strategischen Empfehlungen. Ein solcher Leitfaden könnte uns dabei unterstützen, Wachstumschancen optimal zu nutzen und gleichzeitig mögliche Risiken zu minimieren.
Vermissen Sie als Handelsunternehmer Wertschätzung in Politik und Gesellschaft?
Viele Unternehmer fühlen sich in der öffentlichen Wahrnehmung unterschätzt beziehungsweise gar nicht wahrgenommen – obwohl sie eine tragende Säule der Wirtschaft darstellen. Besonders die zunehmende Bürokratie wird als Belastung empfunden. Anstatt unternehmerische Dynamik zu fördern, bremsen Dokumentationspflichten, komplizierte Vorschriften und langwierige Genehmigungsverfahren viele Unternehmen aus. Das „Recht auf Reparatur“ ist ein Beispiel für eine gut gemeinte, aber teils praxisferne Regulierung.
Nach welchen Kriterien suchen Sie Ihre Lieferanten aus?
Qualität, Zuverlässigkeit und Kundenorientierung. Aus diesem Grund arbeiten wir ausschließlich mit sogenannten A-Marken zusammen, die nicht nur durch ihre hochwertigen Produkte, sondern auch durch umfassenden Service und ein verlässliches Ersatzteilangebot überzeugen. Lieferanten, die keinen zufriedenstellenden After-Sales-Service bieten, haben wir konsequent aus unserem Programm genommen. Unser Ziel ist es, unseren Kunden jederzeit beste Qualität und umfassende Unterstützung auch nach dem Kauf zu gewährleisten.
Der Fachkräftemangel ist in aller Munde. Wie lautet Ihre Antwort auf zu wenig Mitarbeiter?
Auch wir hatten Phasen, in denen es herausfordernd war, passende Mitarbeiter zu finden. Umso mehr freut es uns, dass wir allein in diesem Jahr fünf neue, junge Kolleginnen und Kollegen begrüßen konnten – zwei in der Technik und drei im Verkauf sowie in der Verwaltung. Wir spüren, dass der Arbeitsmarkt wieder in Bewegung kommt, und sehen dies als positives Zeichen für die Zukunft.
Beruflich betrachtet: Was war die größte Enttäuschung des vergangenen Jahres?
Es war ein unspektakulär ruhiges, aber gleichzeitig erfolgreiches Jahr. Manchmal ist es gerade diese Beständigkeit, die uns zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Kontinuität, stabile Prozesse und zufriedene Kunden sind für uns ebenso wertvoll wie große Erfolge.
Vom Verlag 'markt intern' als 1a Fachhändler ausgezeichnet: Horst-Werner Dick, electroplus Dick
Und was hat beruflich am meisten Spaß gemacht?
Am meisten Freude hat uns die Übernahme der Firma Fuhrmann bereitet. Damit konnten wir nicht nur unser Unternehmen erweitern, sondern auch zwei neue Filialen unter der Marke electroplus-Dick in Zweibrücken und Homburg/Saar eröffnen. Es war spannend, diese Standorte in unser Unternehmenskonzept zu integrieren und unser Angebot für unsere Kunden weiter auszubauen. Besonders erfüllend war es, das Team an den neuen Standorten willkommen zu heißen und gemeinsam neue Perspektiven zu schaffen.
Wem in unserer Branche würden Sie gerne mal die Meinung geigen?
Ich möchte keine einzelnen Namen nennen, aber ich richte meinen Appell an all jene Industriepartner in unserer Branche, die momentan mehr mit sich selbst und mit internen Themen beschäftigt sind als mit den Bedürfnissen ihrer Handelspartner. Es ist höchste Zeit, den Fokus wieder auf eine vertrauensvolle und partnerschaftliche Zusammenarbeit zu legen – denn nur gemeinsam können wir nachhaltig erfolgreich sein. Aber auch an den ein oder anderen Händlerkollegen würde ich gerne appellieren, das kaufmännische Grundhandwerk nicht aus den Augen zu verlieren. Gerade in wirtschaftlich angespannten Zeiten zählt nicht, wer am meisten verkauft, sondern wer am besten rechnet. Entscheidend ist, was am Ende unterm Strich bleibt – durch saubere Kalkulation, gesunde Margen und klugen Wareneinsatz. Nur so sichern wir unser Geschäft langfristig ab.
Herr Dick, vielen Dank für das Gespräch.
FOTOS: EK RETAIL
Autor: Joachim Dünkelmann
Dieser Artikel ist am 4. März 2025 erstmals erschienen in der Printausgabe von hitec Magazin, Ausgabe 3 / 2025.