Dirk Bönnen: Spannende Frage. Nix. Ich denke, dass Kooperationen Ihren Mitgliedern sehr viele Vorteile bieten können. Werbung. Warenwirtschaft. Gemeinschaftlicher Einkauf über viele Marken und sicherlich noch ein paar Dinge. Wir sind der Meinung, dass wir durch die Größe und auch durch die Konzentration (wir haben nur 10 Marken im Portfolio), keine Kooperation benötigen. Wir brauchen keine Unterstützung bei den vorher genannten Themen und das wir über eine Kooperation besser einkaufen, glauben wir auch nicht. Außerdem ist es ein sehr gutes Gefühl von niemanden abhängig zu sein.
Holzleitner ist im Einzugsgebiet ein Begriff für Elektrogeräte. Geben Sie viel für Werbung und Kommunikation aus?
Wir verteilen im Jahr 10-11x eine Beilage. Das sind in Summe ca. 20 Millionen Beilagen. Wir geben ungefähr 2 % von unserem Umsatz für die Werbung aus, das ist schon ne große Zahl. Die Beilage ist allerdings auch unser Hauptkostenfaktor bei Werbung.
"Wenn jemand nur drei Tage die Woche bei uns arbeiten möchte und wir wollen denjenigen unbedingt, dann werden wir alles versuchen um das hinzubekommen“, beschreibt der Holzleitner-Chef Bönnen die Fachkräftesituation
Welche Eigenschaften haben Familienunternehmen, die andere Handelsformen nicht erreichen können?
Ich persönlich glaube, dass wir näher an unserem Personal sind. Wir sind mittlerweile kein kleines Unternehmen mehr, aber ich kenne trotzdem jeden Mitarbeiter im Unternehmen. Wir nehmen uns Zeit für die Mitarbeiter. Die Mitarbeiter sind keine Nummer. Es sind individuelle Persönlichkeiten mit individuellen Vorlieben. Wir können nicht alle Wünsche erfüllen, aber wir versuchen es allen immer irgendwie Recht zu machen. Ich war auch mal in einem Großunternehmen ein paar Jahre beschäftigt. Das Leben fand ich dort damals deutlich unpersönlicher und irgendwie anonymer.
Was hat AO falsch gemacht und was macht Coolblue richtig?
Das ist eine schwierige Frage. Ob Coolblue es besser macht als AO wissen wir ja noch nicht. Das wird die Zeit zeigen. Ich habe zu wenig Einblick in die beiden Geschäftsmodelle um hier urteilen zu können. Ein strategisch richtiger Ansatz von Coolblue ist sicherlich nicht direkt ganz Deutschland ins Visier zu nehmen sondern erstmal langsam anzufangen. Ich kann mir vorstellen dass es eine große Herausforderung für AO war, bundesweit mit einer eigenen Logistik zu arbeiten, das würde ich mir nicht zutrauen.
Ist Ihr Internetshop rentabel?
Selbstverständlich. Unser Onlineshop war in erster Linie als Schaufenster für unsere Filialen gedacht. Danach haben wir festgestellt, dass dort auch Geräte verkauft werden. Wir haben ein strategisches Ziel mit unserem Shop, wir möchten die Filialen befeuern. Daher investieren wir auch nur in unsere Liefergebiete. Wir machen keinerlei Werbung außerhalb unserer Liefergebiete, weil wir da eigentlich auch nicht hinwollen. Außerdem sind die Lieferkosten außerhalb unserer Liefergebiete deutlich höher als bei uns im Gebiet. Folglich machen wir 80 Prozent Umsatz in unserem Liefergebiet. Man kann sicherlich im Rest von Deutschland viel mehr Umsatz machen mit einer anderen Ausrichtung. Aber das ist für mich nicht fein. Ich finde es ökologisch und ökonomisch ziemlich verrückt, dass wir von Mönchengladbach eine Waschmaschine nach München liefern und die Kollegen aus München nach Mönchengladbach liefern. Mal abgesehen von der Qualität der Lieferung. In unserem Liefergebiet können wir fast alles. Wenn DHL liefert, können wir ehrlicherweise fast nix. Ich denke mal, das ist bei allen anderen Versendern ähnlich.
In Sachen Filialnetz: Expansion oder Konsolidierung?
Konsolidierung. Wir haben eine gute Größe, wir werden wahrgenommen, wir sind gesund. Immer höher weiter schneller, ist nicht mein Weg.
Kommen Sie bei gut 100 Mitarbeitern überhaupt noch selber an die Verkaufsfront?
Jain. Ich verkaufe tatsächlich nur noch selten. Aber mein Büro ist quasi in unserer Ausstellung. Ich sehe den ganzen Tag Kunden, ich spreche täglich mit Kunden und ich bekomme hier sehr viel mit. Mir war das immer wichtig das Ohr am Geschäft zu haben.
"Eine Stunde bei RTL zur Prime Time ist sicherlich die beste Werbung die man haben kann", so Dirk Bönnen
Was macht man gegen Fachkräftemangel?
Wir haben tatsächlich nicht so ein Riesenproblem. Wir sind eine sehr gute und seriöse Adresse im Handel. Ich denke wir haben einen recht guten Ruf. Daher ist es für uns kein großes Problem neues Personal zu akquirieren. Natürlich müssen wir uns auch auf die neue Zeit ein wenig einstellen. Wenn jemand zum Beispiel nur drei Tage die Woche bei uns arbeiten möchte und wir wollen denjenigen unbedingt, dann werden wir alles versuchen um das hinzubekommen.
Warum betreibt man als Elektrohändler eine „Kochfabrik“?
Langeweile. Nee, im Ernst: Ich bin gerne Gastgeber und koche total gerne. Wir haben hier in Mönchengladbach eine alte Maschinenfabrik, in der unsere Ausstellung ist. Das ist eine wunderschöne Halle, weit von allem entfernt, was heute gebaut wird. Wir hatten seit Jahren einen Raum leer, wo alle nur Ihr Zeug reingeworfen haben, was sie nicht mehr brauchten. Irgendwann hatte ich die Idee zu dieser Eventlocation geboren und dann ging es eigentlich recht schnell. Mittlerweile haben wir hier ca. 50 Veranstaltungen im Jahr.
Sie haben mehrfach TV-Erfahrung gesammelt: Bringt das auch etwas für das Unternehmen?
Da muss man sicherlich unterscheiden zwischen dem was ich privat gemacht habe und dem was ich offiziell für Holzleitner gemacht habe. Wir haben mal mit RTL, Show me your Money, gedreht. Als ich am nächsten Tag nach der Ausstrahlung an meinen Arbeitsplatz kam, hatte ich 1.000 E-Mails, das war komplett verrückt. Die Monate danach waren die besten Monate die wir in der damaligen Zeit je hatten. Eine Stunde bei RTL zur Prime Time ist sicherlich die beste Werbung die man haben kann.
Versprechen Sie sich etwas von dem Recht auf Reparatur?
Nicht in dem Bereich in dem wir tätig sind. Wir vertreten hauptsächlich A-Marken. Die haben sich seit Jahren schon auf die Fahne geschrieben, Ersatzteile mindestens 10-12 Jahre zu bevorraten. Das Ganze ist sicherlich auch ein wirtschaftlicher Aspekt. Ich glaube nicht, dass ein Kunde einen Kundendienst an einen 200 Euro-Kühlschrank lässt, der 8 Jahre alt ist, selbst wenn er das Recht dazu hat.
Wieso setzen Sie auf generationenfreundliches Einkaufen?
Warum sollen wir ältere Kunden ausschließen? Wir freuen uns über jeden Kunden, der den Weg zu uns findet. Wir haben hier viel Platz. Alles ist ebenerdig. Die Eingangstüren sind groß. Sie können bei uns mit dem Rolli reinfahren, das ist kein Problem. Wir haben auch schon ältere Kundinnen und Kunden zuhause abgeholt damit sie bei uns einkaufen können. Eine gewisse Dienstleistungsbereitschaft hat dem Handel noch nie geschadet.
Wie bekommt man einen Teenager in einen Elektroladen?
Indem er eine Lehre bei uns macht. Nein im Ernst, was soll der Teenager bei uns? Kennen Sie 16 jährige die sich schon immer mal eine Waschmaschine angucken wollten? Ich denke, ohne den Teenagern zu nahe treten zu wollen, das ist definitiv nicht unsere Zielgruppe
Wie stehen Sie zu Marken-Lieferanten, die direkt an den Verbraucher verkaufen?
Die Antwort kann man auch nicht pauschal geben. Solange der Hersteller mit fairen Mitteln arbeitet und nicht zu viel Druck auf den Kanal gibt, müssen wir damit wohl leben. Nehmen wir mal Bauknecht. Bauknecht hat vor 2 Jahren teilweise günstigere Preise im eigenen Onlineshop gehabt als wir einkaufen konnten. Das macht für uns dann keinen Sinn mehr und wir haben uns von diesem Lieferanten getrennt. Ein anderes Beispiel: Miele. Miele verkauft zu UVPs. Wenn ein Kunde zu uns kommt, können wir mit diesen Preisen immer gut umgehen und selber einen Auftrag daraus machen. Eigentlich kann man dagegen wenig haben. Aber man muss auch sagen, dass Miele den deutschen Fachhandel als Logistik für die eigenen Verkäufe missbraucht. Wenn die Händler in Deutschland die von Miele verkauften Geräte nicht liefern würde, hätte Miele sicherlich ein Problem. Eine gute Lieferqualität ohne den deutschen Handel sicherzustellen, ist sicherlich eine fast nicht lösbare Aufgabe. Ich kann ehrlicherweise Händler nicht verstehen, die sich von Miele als Logistikdienstleister missbrauchen lassen. Wir machen das nicht.
Herr Bönnen, vielen Dank für das Gespräch.
FOTOS: HOLZLEITNER
Autor: Joachim Dünkelmann
Dieser Artikel ist am 1. Oktober 2024 erstmals erschienen in der Printausgabe von hitec Magazin, Ausgabe 10 / 2024.