Arvid Schirmag
"Wirtschaftlich rentablel"

Er führt einen der exponiertesten Elektronik-Märkte überhaupt. Der MediaMarkt am Berliner Alexanderplatz sticht nicht nur wegen seiner gigantischen Verkaufsfläche von 8.000 m² aus der Masse heraus. Arvid Schirmag ist Geschäftsführer des „Tech Village Berlin“, dem ersten deutschen Standort des Marktführers im sogenannten Lighthouse-Format. Die Marken-Flächen der Industrie sowie Erlebnisflächen prägen die 4 Etagen seines „überdimensionierten Fachgeschäfts“, das mit Beratung und Einkaufserlebnis überzeugen will. hitec sprach mit Schirmag über Leuchttürme, Boutique-Konzepte und die IFA.
Herr Schirmag, wo gehen Sie als Berliner gerne einkaufen?

Ich gehe immer noch gern dort einkaufen, wo ich schon in meiner Kindheit war. Ich bin in Berlin-Mitte am Fuße des Fernsehturms groß geworden und habe nun das Glück, hier in meinem Kiez zu arbeiten. Damit verbinde ich kurze Wege und viele Erinnerungen beim Shoppen am Alexanderplatz und dessen vielfältiger Umgebung.

Mit rund 8.000 Quadratmetern führen Sie eines der größten deutschen Elektrogeschäfte. Passt so ein „Lighthouse“ von der Größe her noch in die Zeit?

Wenn ich mir meinen Markt anschaue, kann ich sagen: Ja, das tut es! Wir sind sehr zufrieden mit der Entwicklung in den letzten zwei Jahren. Mit dem Store-Format Lighthouse gehen wir auf ein ganz bestimmtes Kundenbedürfnis ein – nämlich dem Wunsch nach einem Einkaufserlebnis. Das ist der entscheidende Treiber, warum man sich für einen Einkauf im stationären Markt entscheidet und nicht für das Onlineshopping. Durch unser einzigartiges Konzept und unsere zentrale Lage im Herzen der Hauptstadt bieten wir unseren Kundinnen und Kunden dieses Erlebnis in besonderem Maß und treffen damit genau den Nerv der Zeit. 


"Unseren Kunden gefällt das Konzept sehr gut, wir sind wirtschaftlich rentabel", so Arvid Schirmag

Sehen Sie sich eher als Nahversorger oder als Showroom?

Wir sehen uns als Technik-Erlebniswelt. Wir haben hier 8.000 Quadratmeter, verteilt auf vier Etagen. Kundinnen und Kunden können in erster Linie Technik-Highlights und Innovationen erleben und in Markenwelten eintauchen – wie auf einer Technik-Messe. Das lädt zum Verweilen ein und ist natürlich ein Stück weit mit einem Showroom gleichzusetzen. Trotzdem führen wir das klassische MediaMarkt-Sortiment. Der Kunde bekommt bei uns alles, was er in jedem anderen Markt auch bekommt. Vom Ladekabel über den Toaster bis hin zum Rasierapparat und den passenden Services. Deswegen können wir natürlich auch die Rolle des Nahversorgers erfüllen.

Welcher Platz im Tech Village ist Ihr liebster?

Da gibt es zwei – einen quirligen und einen ruhigen Platz. Der erste ist der Eingangsbereich des Tech Village. Hier betreten unsere Kundinnen und Kunden den Markt mit ihren Erwartungen an unser Haus und vielleicht auch mit der Vorfreude, sich einen Wunsch zu erfüllen. Hier ist immer viel los und alles wird eingerahmt von LED-Säulen, Lichtbändern, Mooswänden und den vielen spannenden Boutiquen. Wenn ich einen ruhigen Moment brauche und kurz innehalten möchte, bin ich gern im Plattenladen, ganz oben im Tech Village. Berlin ist eine Stadt der Musik und Vinyl steht hier hoch im Kurs. Ich liebe die ruhige, entspannte Atmosphäre und die ganz eigenen Vibes, die der Plattenladen hat.

Was meint der Ceconomy CEO Dr. Wildberger, wenn er von Ihrem Geschäft als „Aushängeschild“ spricht?

In Bezug auf die vier Store-Formate von MediaMarktSaturn ist das Lighthouse ganz klar das Aushängeschild. Die Store-Formate fokussieren sich jeweils auf unterschiedliche Kundenbedürfnisse. Während es sich bei den drei übrigen Formaten um kleine bis mittelgroße Märkte handelt, definieren wir das Lighthouse als eine Technik-Erlebniswelt der Superlative. Es ist flächenmäßig das größte Format und in den Metropolen Europas zu Hause. Damit setzt MediaMarktSaturn neue Maßstäbe im stationären Handel.

Wie viele Leuchttürme nach Ihrem Berliner Vorbild verträgt der deutsche Markt?

Unser Tech Village hier in Berlin steht direkt am Alexanderplatz – in einer hochfrequentierten, zentralen Lage. Wir befinden uns an einem idealen Standort, um unsere Kunden, unsere Zielgruppe zu erreichen. In den deutschen Metropolen gibt es mit Sicherheit noch mehr dieser Standorte. Beispielsweise in Hamburg in der Mönckebergstraße. Dort wird der größte Saturn-Markt Deutschlands gerade umfassend umgebaut und noch in diesem Jahr als zweites Lighthouse in Deutschland eröffnen. Ich glaube, dass wir hier noch großes Potenzial haben – in der richtigen Stadt, am richtigen Platz.


8.000 Quadratmeter in zentralster Lage von Berlin: Der MediaMarkt am Berliner Alexanderplatz

Wie macht man aus tausenden kartonverpackten Technikprodukten ein Erlebniszentrum?

Indem wir genau diese Produkte auspacken und so in Szene setzen wie auf einer Messe. Das Konzept des Lighthouse ist ganz bewusst auf diesen Messecharakter ausgerichtet. Wir haben die Boutiquen, in denen die Industrie ihre Produkte so zeigen kann, wie sie es möchte. Wir haben auf der allgemeinen Fläche insgesamt sechs sogenannte Experience-Zonen, auf denen wir Produkt-Highlights und Innovationen zeigen, die jeder selbst ausprobieren und testen kann. Auch die Architektur des Lighthouse ist einzigartig. Jede einzelne Etage ist aufgebaut wie eine italienische Piazza. In der Mitte befindet sich der Marktplatz, hier finden die Kunden unser klassisches Produktsortiment. Außen herum sind die Markenboutiquen angeordnet, die zum Entlangflanieren einladen. Für die Pause zwischendurch haben wir eine Kaffeebar oder Lounges zum Relaxen, begrünte Flächen sorgen für Entspannung. Das Zusammenspiel von Architektur und Konzept schafft eine einzigartige Erlebniswelt.

Zeit für ein erstes Zwischenfazit knapp zwei Jahre nach dem Umbau: Was hat Sie überrascht, was hat gar nicht funktioniert und wo steuern Sie nach?

Wie eingangs schon erwähnt, sind wir mit der Entwicklung des Marktes sehr zufrieden. Unseren Kunden gefällt das Konzept sehr gut, wir sind wirtschaftlich rentabel. Jüngste Neuerung ist die Sofort-Lieferung mit Uber, die wir seit April aus unserem Markt heraus anbieten. Unsere Kunden müssen nichts weiter tun, als im Onlineshop die neue Lieferoption „Sofort-Lieferung“ im Bestellprozess auszuwählen und innerhalb von 90 Minuten ist das bestellte Produkt an der Wunschadresse. Das kommt sehr gut an. Weiteres großes Thema ist Nachhaltigkeit: Wir sehen, dass vermehrt nach Geräten mit weniger Stromverbrauch und auch nach wieder aufbereiteten Geräten gefragt wird. Wir haben daher unser Sortiment an nachhaltigen Produkten enorm aufgestockt. Anfangs waren es 1.000, jetzt sind es 5.000. Zudem bieten wir ressourcenschonende Services wie Reparaturen oder den Ankaufservice für nicht mehr genutzte Elektrogeräte. Mein Team vor Ort berät außerdem gerne zur bewussten Nutzung von Technikprodukten. Zu guter Letzt haben wir noch unser Lichtkonzept optimiert. Das Licht ist wärmer, wirkt nicht mehr so grell und lädt damit zum längeren Verweilen ein. Zusätzlich sparen wir damit Energie.

Inwiefern haben sich Ihre Kunden über die Corona-Zeit verändert?

Wir stellen fest, dass die Kunden mittlerweile bewusster einkaufen. Entscheidend ist nicht mehr allein der Preis, sondern das beste Preis-Leistungsversprechen. Es geht um Tempo, Verlässlichkeit, Komfort. An jedem Ort, zu jeder Zeit. Und es geht um Komplettlösungen, Service und Beratung. 

Und genau darauf zielt unsere Strategie: Wir entwickeln uns vom reinen Produktverkäufer zum Lösungsanbieter. Aktuell sehen wir auf der Produktseite eine klare Tendenz zu energiesparenden Großgeräten. 

Sie wollten nach Corona zweistellig wachsen. Ist das bei den aktuellen Rahmenbedingungen überhaupt schaffbar?

Die Handelsbranche ist und bleibt herausfordernd. Unsere Geschäfte laufen gut und wir stellen fest, dass die Kunden unser Erlebnisformat zu schätzen wissen. Auch die großen Sportereignisse in diesem Sommer bieten uns gute Potenziale, denn traditionell steigt hier der Absatz beispielsweise für TV-Geräte. 


"Mit Unterhaltung in Form eines Technik-Erlebnisses schaffen wir im Lighthouse einen entscheidenden Mehrwert für unsere Kundinnen und Kunden", ist der Chef des Tech Village Berlin überzeugt

Wie hoch ist bei Ihnen der Umsatzanteil von Services & Solutions?

Bitte haben Sie Verständnis, dass wir auf Marktebene keine Umsatzzahlen kommunizieren. Ich kann ihnen aber sagen, dass wir steigende Umsätze für unser Service-Angebot verzeichnen. Gerade die nachhaltigen Services Reparatur und auch der Ankaufservice sind sehr beliebt. Auch das Thema TV Kalibrierung oder Startklar Service, bei dem wir die Ersteinrichtung des neuen PCs oder Notebooks sowie die fachgerechte Installation von Updates und Funktionskontrolle übernehmen, kommen sehr gut an. 

Im kommenden Jahr will Ceconomy 30 % der Umsätze online machen. Gehen ihnen diese Käufer nicht für das stationäre Geschäft verloren?

Unser Prinzip lautet Omnichannel, das ist die Verknüpfung der Online- und Offline-Kanäle. Häufig starten die Kunden ihren Einkauf online und recherchieren, kommen aber dann doch noch einmal in den Markt, um sich beraten zu lassen. Der Markt ist vollständig an den MediaMarkt-Onlineshop und den Marktplatz angebunden. Ein sehr gutes Beispiel für Omnichannel ist auch Click&Collect. Das bedeutet, die Kunden bestellen online und holen dann die Ware in den Märkten ab. Diese Möglichkeit, das Beste aus beiden Welten zu kombinieren, ist unser großes Plus. 

Geben Sie mit den Marken-Boutiquen nicht einen Teil der Gestaltungsfreiheit in fremde Hände?

Die Boutiquen können nicht einfach mit einem Shop-in-Shop-System gleichgesetzt werden, sondern vielmehr mit einem Messestand, an dem die Hersteller ihre Produkthighlights und Innovationen präsentieren. Durch das individuelle und authentische Design bekommen wir viel Varianz für unseren Store. 

Was halten Sie von den Lieferanten, die lieber selber direkt an ihre Berliner Kunden verkaufen wollen?

Wir verfolgen alle das gleiche Ziel, dem Kunden das beste Einkaufserlebnis zu bieten, legen dafür aber unterschiedliche Konzepte an den Tag. Mit Unterhaltung in Form eines Technik-Erlebnisses schaffen wir hier im Lighthouse einen entscheidenden Mehrwert für unsere Kundinnen und Kunden. Dadurch heben wir uns vom Wettbewerb ab und schaffen eine positive und nachhaltige Kundenbindung. Der Kunde wird mit uns mehr verbinden als nur den Verkauf beziehungsweise den Kauf von Technikprodukten. Er wird den Mehrwert unserer Dienstleistungen erkennen und sich dafür entscheiden, wiederzukommen, manchmal sogar nur, um sich beraten zu lassen oder einfach nur um Spaß zu haben oder die neuesten Technik-Trends zu entdecken.


Ein Konzept mit Leuchtturm-Effekt: Nach Mailand, Rotterdam und Rom das erste "TechVillage" in Deutschland

Was meinen Sie: Fühlen sich die diversen Industriepartner wohl als Untermieter in Ihrem Haus?

Wir haben ein sehr gutes Verhältnis zu unseren Partnern. Sie schätzen die Möglichkeit, sich individuell zu präsentieren und eine eigene Markenwelt zu erschaffen. Parallel zu den Boutiquen gibt es das klassische MediaMarkt-Sortiment auf dem Marktplatz, also der klassischen Verkaufsfläche. Damit schaffen wir maximale Flexibilität für unsere Kunden.  

Wie wehrt man sich gegen chinesische Billigplattformen wie Temu und Shein?

Die auf den europäischen Markt drängenden Anbieter, z.B. aus China, sehen wir nicht als Bedrohung, sondern als Chance, unsere Stärken und unser Bekenntnis zu dem, was in Europa zählt, zu unterstreichen: Nachhaltigkeit, faire Arbeitsbedingungen und gesellschaftliche Verantwortung.

MediaMarktSaturn steht für mehr als nur Verkaufen. Wir investieren in nachhaltige Geschäftsmodelle und Produkte, die unseren Kunden nicht nur Innovation und Qualität bieten, sondern auch den Weg in eine nachhaltigere und gerechtere Zukunft ebnen. Darüber hinaus bieten wir unseren Kunden eine Vielfalt an Services an, die Ihnen über den reinen Produktkauf hinaus großen Mehrwert bieten – vom Installationsservice, über Reparaturdienstleistungen bis hin zur Rücknahme und fachgerechte Entsorgung von Altgeräten. 

Was planen Sie zur diesjährigen IFA? 

Dieses Jahr feiert die IFA ihr 100-jähriges Jubiläum – das lassen wir uns auch als Elektronikhändler Nummer Eins nicht entgehen und planen verschiedene Aktivitäten. Zum einen wird es einen deutschlandweiten Flyer mit IFA-Angeboten geben. Hier finden sich dann – sofern schon verfügbar – auch bereits erste Neuheiten der Hersteller, die zur IFA vorgestellt werden. Zudem wird es die Möglichkeit geben, Tickets zu gewinnen oder vergünstigte Tickets zu erwerben. Im Berliner Lighthouse so wie auch in einigen anderen Berliner Märkten planen wir zur IFA besondere Markenflächen mit Industriepartnern und unterschiedliche Sonderpromotions.

Auf der IFA vor Ort wird MediaMarktSaturn in Halle 27 am ersten Messetag die sogenannte Next Stage mit spannenden und unterschiedlichen Themen von Marketplace bis zur Gaming-Experience für Business und Endkunden bespielen.

Herr Schirmag, vielen Dank für das Gespräch.

FOTOS: MEDIAMARKTSATURN

Autor: Joachim Dünkelmann

Dieser Artikel ist am 16. Juli 2024 in gekürzter Fassung erstmals erschienen in der Printausgabe von hitec Magazin, Ausgabe 7-8 / 2024.

 

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Arvid Schirmag, hitec Interview des Monats MediaMarkt Tech Village Berlin

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